Kampagne 2020

Mietenschutz - das Gute bewahren ...

Unerlässlich für lange Kampagnen

von Martin Heidrich

In den meisten Zuckerrübenanbauregionen in Süddeutschland werden die Zuckerrüben bis Mitte November gerodet. Während die frühgerodeten Rüben in der Regel nach wenigen Tagen in die Zuckerfabrik transportiert werden, müssen die Rüben bei Kampagnen bis Januar des Folgejahres teilweise mehr als zwei Monate am Feldrand gelagert werden. Was passiert in dieser Zeit mit den Zuckerrüben und wie können die Rüben optimal vor Witterungseinflüssen geschützt werden?

Wann ist die Zuckerrübenmiete zuzudecken?
Der Mietenschutz ist für alle Zuckerrüben mit Liefertermin ab der 49. KW (30. November 2020) verpflichtend. Dieser Termin kann von Südzucker und dem Anbauverband je nach Witterung nach hinten oder nach vorne verschoben werden. Bei kurzen Kampagnen und guter Witterung kann er auch komplett ausgesetzt werden.

Aber wieso ist dieser Termin in der Branchenvereinbarung festgeschrieben? Die Zuckerrübe ist auch nach der Rodung weiterhin ein lebender Organismus (Erkennbar ist dies an den wieder austreibenden Rüben bei warmen Bedingungen). Während der Lagerung geht Feuchtigkeit verloren und Zucker wird in geringem Umfang verbraucht (veratmet). An Verletzungsstellen können Pilze und Bakterien eindringen und finden einen reich gedeckten Tisch. Bei schlechten Bedingungen wird z.T. auch Saccarose in andere, unerwünschte, Zucker umgewandelt. Unser Ziel muss sein, diese Verluste zu minimieren.

Daher gilt grundsätzlich:
Je kühler die Witterung bei der Einlagerung, je trockener, sauberer und gesünder die Rüben und je ausgeglichener die Lagerbedingungen sind, desto weniger Verluste entstehen während der Lagerzeit.

Im Normalfall werden die Lagerrüben 1 bis 3 Tage nach der Rodung zugedeckt. Frisch gerodete Rüben verschließen in dieser Zeit die Verletzungsstellen (Wurzelbruch und Köpfschnitt), sie „verkorken“. Das ist wichtig, damit die Zucker- und Veratmungsverluste zurückgehen sowie Pilze und Bakterien nicht mehr so gut eindringen können. Bei Temperaturen deutlich über 10°C sollte die Wundheilung abgewartet werden (ca. 3 Tage), bevor die Rüben abgedeckt werden. Ganz wichtig ist allerdings die Zuckerrübenmieten vor den nächsten größeren Niederschlägen (> 5 mm) mit Vlies zu schützen. Denn nass geregnete Rüben trocknen nur schwer wieder aus, insbesondere je mehr Erde in der Miete ist. Durch den Regen (oder allgemein Feuchtigkeit) können auch viele Mikroorganismen an den Verletzungsstellen die Rüben optimal besiedeln, die Lagerverluste steigen in dieser Folge an.

Das Vlies ist nach allen Versuchen der letzten Jahrzehnte das am besten geeignete Abdeckmaterial. Es leitet die Niederschläge im Gewebe ab und puffert Temperaturschwankungen. Selbst wenn bei starkem Frost die äußeren Rüben unter dem Vlies einfrieren,  bleiben sie nach dem Auftauen länger verarbeitungsfähig. Warme und feuchte Luft kann durch das Vlies aus der Miete austreten.


2020-10-heidrich-miete-idealer-schutz-vlies

Gut eingepackt überstehen die Rüben auch längere Zeit unbeschadet.

Vorbereitung zum Mietenschutz
Schon vor der Kampagne sind die geplanten Lieferwochen für jeden Rübenschlag im Rohstoffportal ersichtlich. Haben Sie genügend Vlies vorrätig? Bei Bedarf melden Sie sich bitte frühzeitig in Ihrer Rohstoffabteilung oder fragen nach der überbetrieblichen Mietenabdeckung.

In allen Südzuckerregionen gibt es das Angebot eines überbetrieblichen Mietenschutzes. Wenn Sie einen Wechsel zum überbetrieblichen Mietenschützer beabsichtigen, melden Sie sich bitte rechtzeitig an damit dieser genügend Vlies vorhalten kann und seinen Arbeitsablauf organisieren kann.

Mietenschutz beginnt mit der Rodung
Der Rodung kommt eine große Bedeutung zu was die Lagerfähigkeit der Rüben betrifft. Je weniger Verletzungen der Rübenkörper hat und je sauberer die Rüben in der Miete eingelagert werden, desto besser ist die Lagerfähigkeit. Erde „schließt“ die Miete ab, verhindert die Abgabe feuchter, warmer Luft und leitet Frost viel schneller in die Miete, insbesondere, wenn die Erde feucht ist. Trocknen die Oberflächen der Zuckerrüben unter dem Vlies ab, haben Krankeitserreger weniger Möglichkeiten auf den Rüben zu wachsen und die Lagerverluste sinken.

Optimale Bedingungen auf dem Acker sollten daher für eine rübenschonende Rodung mit guter Erdabreinigung genutzt werden.

Es macht keinen Sinn Januarrüben schon Anfang Oktober zu roden, nur weil die Feldarbeit abgeschlossen werden soll. Die Rübe wächst, zumal bei den milden Wintern der letzten Jahre, im Feld immer weiter, während in der Miete Veratmungsverluste entstehen. Häufig sind die Temperaturen im Oktober schlicht zu hoch, um Rüben langfristig zu lagern. Niemals sollten geschädigte Rüben z.B. durch Trockenheit oder Rübenkrankheiten vorzeitig gerodet und lange gelagert werden. Hier besteht das Risiko des Verderbs in der Miete. Schwierig ist die Entscheidung lediglich bei Rüben, die durch Cercospora so stark geschädigt werden, dass Sie neue Blätter austreiben. Hier kann eine frühzeitige Rodung im Einzelfall sinnvoll sein.

Die Mietenbreite muss mit der Vliesbreite abgestimmt werden. Ist die Miete zu breit für das eingesetzte Vlies, kann der Mietenfuß nicht

geschützt werden. Ist sie zu schmal entstehen Vliesüberstände und der Vliesbedarf steigt stark an. Achten Sie zudem auf die Angaben Ihres Mietenschützers und lassen Sie entsprechend Platz bzw. bearbeiten Sie diese Flächen um die Miete nicht. Eine enge Abstimmung der Roderfahrer mit dem Mietenschützer und den Ladegerätfahrern ist also wichtig für einen optimalen Mietenschutz.

Keine Rodung bei Frost
Frisch gerodete Zuckerrüben sind extrem frostempfindlich. Der Frost schädigt sofort das äußere Rübengewebe, und zwar nicht nur an den Verletzungsstellen, sondern am kompletten Rübenkörper. Die Zellen platzen, das Gewebe wird glasig und bei Erwärmung werden diese Rüben von der Rübenaußenseite her schwarz. Diese Rüben sind nicht lange lagerfähig, insbesondere weil alle Rüben, auch im Mietenkern, gleich betroffen sind. Bei Frostbedingungen (< -3°C) ist es besser den Rübenbestand einfrieren zu lassen und nach dem Auftauen erst zu roden. Auch wenn die Rüben im Boden komplett einfrieren entstehen in der Regel keine Schäden. Die Zuckerrübe ist als zweijährige Pflanze an ein Einfrieren im Boden angepasst.

Freiwillige Rodung im Dezember oder Januar
In einigen Regionen (z.B. Pfalz, Rheingraben) laufen die Roder bereits seit vielen Jahren noch im Dezember. Auch in Süddeutschland hat es in den letzten Jahren im Dezember und Januar oft bessere Rodebedingungen gegeben als im November. Eine gezielte freiwillige Spätrodung von Januarrüben entlastet die Rodegruppen durch die Erhöhung der Rodetage, verringert die Lagerverluste und führt bei guten Bedingungen zu weiteren Ertragszuwächsen.

2020-10-heidrich-bestand-jan
 
Rübenbestand am 9. Januar 2018 im Feld, dann ...
 
2020-10-heidrich-miete-jan
 
... gerodet und auf Miete gelegt.

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE:

Lagerrüben müssen verletzungsarm und sauber gerodet werden, um die Lagerverluste und den Krankheitsbefall zu minimieren.

Die Miete darf nicht durchgeregnet werden und muss entsprechend vorher mit Vlies zugedeckt werden. Trockene Rüben sind bei gleichmäßigen und niedrigen Temperaturen am besten lagerfähig. Zur Streckung der Rodetage und Verkürzung der Lagerzeit ist eine freiwillige Spätrodung im Dezember oder Januar zu überlegen.