Bilanz-Pressekonferenz der Südzucker AG 2018

Südzucker legt gute Zahlen vor und blickt mit Sorge in die Zukunft

Europas Nummer 1 der Zuckerunternehmen bilanziert ein Jahr des Übergangs: Südzucker schließt das Geschäftsjahr 2017/18 (März-Februar) mit einem befriedigenden Ergebnis ab, bereitet sich aber auf schwere Zeiten vor. 7 Milliarden € Umsatz und 445 Millonen € operatives Ergebnis bleiben nach 7 Monaten unter dem Schirm der Zuckerquote und 5 Monaten "im Regen". Die Prognosen für 2018/19 sind wenig erbaulich: 100 bis 200 Mio. € Verlust im Zuckergeschäft werden erwartet. Allerdings sind die Segmente Spezialitäten, Cropenergies und Frucht stark genug, den Konzern "über Wasser" zu halten.

 

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Wolfgang Heer, Vorstandsvorsitzender der Südzucker AG

Zucker - Eintauchen in die Übergangsphase

Nach fast 50 Jahren unter dem Schirm der EU-Zuckerquoten-Regelung hat am 1. Oktober 2017 eine neue Ära für Südzucker begonnen. Gleich im ersten Jahr der neuen Zeitrechnung hat der Marktführer mit seinen 29 Zuckerfabriken und zwei Raffinerien in Europa seine Zuckerproduktion auf 5,9 Millionen t, das sind 26% mehr als im Vorjahr, ausgedehnt. Die Erzeugung aus Rübe stieg aufgrund erhöhter Anbauflächen (+15 %) und besserer Naturalerträge sogar um rund 30 % an. Mit diesem Wachstumssprung sind zahlreiche Effekte verbunden, die Südzucker bisher unterschiedlich erfolgreich bewältigt hat. 


Die Verarbeitung der Rekordmenge von 36 Millionen t Zuckerrüben im Zeitraum zwischen Anfang September 2017 und Ende Januar 2018 ist glänzend verlaufen. Offensichtlich konnten in den bestehenden Anlagen, ohne dass zuvor größere Erweiterungsinvestitionen erfolgt wären, mit längeren Kampagnelaufzeiten und teilweise auch mit höheren Tagesdurchsätzen Produktivitätsreserven gehoben werden.


Die logistischen Herausforderungen in Verbindung mit der Produktionserweiterung wurden ebenfalls hervorragend bewältigt. Sowohl hinsichtlich der Zufuhr des Rohstoffs wie der Lagerung und Verbringung der Endprodukte haben die bestehenden und neu geschaffenen Systeme alle Erwartungen erfüllt. Insbesondere der neu konzipierte Abtransport des Zuckers mit Eisenbahnzügen hat sich nach einigen Startschwierigkeiten bewährt.


Weniger erfreulich sieht die Situation auf der Verkaufsseite aus. Sowohl im EU-Binnen- wie auf dem Weltmarkt hat ein rapider und heftiger Preisverfall eingesetzt. War der Effekt für den innergemeinschaftlichen Absatz aufgrund der hohen Zunahme der Rübenanbauflächen in ganz Europa erwartbar, überrascht die Baisse am Weltmarkt selbst die Analysten. Sehr wahrscheinlich hat die EU mit einem Hochfahren ihrer Exporte von bisher rund 1,5 Millionen t per annum auf heuer voraussichtlich rund 4 Millionen t auch dazu beigetragen, allerdings dürften vor allem die neu auf den markt drängenden massiven Zuckerexporte aus Indien und Pakistan, früher oft Importländer, ausschlaggebend für die Misere sein.

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Thomas Kölbl, Finanzvorstand der Südzucker AG

Spezialitäten - Wachstumssprung durch Akquisitionen

Das heterogene Segment enthält folgende Bereiche:

Beneo: insbesondere funktionale Lebensmittel aus Zichorien und Reis 
Freiberger: Tiefkühl-Pizza und -Fertigprodukte für den LEH
Stärke: Nahrungsmittel- und non-food-Produkte aus Getreide, Mais und Kartoffeln
Portion-Pack-Europe: Kleinpackungen v. a. für Gastronomie und Handel

Mit Zukäufen in Deutschland und den USA konnte Freiberger, der wichtigste Pfeiler des Spezialitätensegments, seine Wachstumsgeschichte fortschreiben. Allerdings litt vor allem dieser Bereich bei einigen Rohstoffen unter gestiegenen Kosten, was trotz eines Umsatzwachstums von 10 % auf 2 Milliarden  zu einem Rückgang des operativen Ergebnisses von 14 % auf 158 Millionen € führte.

CropEnergies - hocheffizient und schuldenfrei

Die drei großen Ethanolanlagen der CropEnergies AG in Deutschland, Belgien und Großbritannien laufen wie die Uhrwerke. Deshalb nahm der Umsatz dank eines höheren Gesamtausstoßes noch einmal um 11 % auf 808 Millionen € zu, obwohl der Preis für Kraftstoffethanol ebenfalls deutlich zurückgegangen ist. Außerdem kommt dem jüngsten Spross der Südzucker-Familie sein ausgeklügeltes Produktionskonzept zugute, weil neben Alkohol verschiedener Qualitäten auch hochwertige Futter-und Lebensmittel als Nebenprodukte hergestellt werden, die sehr erfolgreich vermarktet werden können. Aufgrund der hohen Effizienz und nach wie vor günstiger Rohstoffpreise konnte CropEnergies im abgelaufenen Geschäftsjahr seine Finanzverbindlichkeiten komplett abbauen und verfügt über ein Nettofinanzguthaben von 37 Millionen € zum 28. Februar 2018. Gute Voraussetzungen für neue Herausforderungen ...

Frucht -  wächst und wächst und wächst ...

Mittlerweile erstrecken sich die Produktionsstätten des von der österreichischen Agrana geführten Geschäftes über den gesamten Globus. Der Umsatz hat knapp 1,2 Milliarden € erreicht, das operative Ergebnis liegt bei 76 Millionen €, das sind 5% mehr als im Vorjahr. Im wesentlichen kommen die Erträge aus der Herstellung von sogenannten Fruchtzubereitungen, die vor allem in der Molkereiindustrie als Zugabe in Joghurt, Quark und ähnlichen Produkten verwendet werden. Der Handel mit Fruchtsaftkonzentrat gehört ebenfalls zum Segment. Er ist allerdings von hohen Volatilitäten bei Preisen und Mengen geprägt, was sich häufig auch ungünstig auf das Ergebnis auswirkt.

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Thomas Kirchberg, Rohstoff- und Technik-Vorstand der Südzucker AG

Prognose - Sorgen im Zuckergeschäft

Die neuen Rahmenbedingungen innerhalb der EU und die tief greifenden Verwerfungen am Zucker-Weltmarkt durch den unerwarteten Angebotsdruck aus Indien und Pakistan führen dazu, dass die Einschätzung der künftigen Entwicklung weitaus schwieriger als in der Vergangenheit geworden ist. In welchem Umfang sich die EU-Zuckererzeugung in den nächsten Jahren verändern wird, lässt sich derzeit kaum prognostizieren. Es ist davon auszugehen, dass die Produktion der Kampagne 2017/18 den oberen Scheitelpunkt der Entwicklung darstellt, weil sie technisch die maximale Auslastung der vorhandenen Verarbeitungskapazitäten für Zuckerrüben erreicht hat. Eine Reduzierung des Rübenanbaus durch Landwirte in weniger begünstigten Regionen infolge der niedrigen Rübenpreise ist grundsätzlich zu erwarten, jedoch bleibt abzuwarten, mit welcher Geschwindigkeit diese Anpassung an Marktgegebenheiten verlaufen wird. Auf dem Weltmarkt spielt neben den Witterungseinflüssen insbesondere auch die Frage, wie viel Zuckerrohr in die Ethanolerzeugung umgeleitet wird, eine wesentliche Rolle, wohin sich die Börsennotierungen für Roh- und Weißzucker in den nächsten Monaten bewegen werden. Infolgedessen prognostiziert Südzucker für das Segment Zucker einen Verlust von 100-200 Mio. € im Geschäftsjahr 2018/19.

Dank der Ergebnisbeiträge der Segmente Spezialitäten, CropEnergies und Frucht erwartet der Konzern ein insgesamt positives operatives Ergebnis von 100 bis 200 Millionen Euro.