Anbau

Der Druck der Blattkrankheiten kann regional stark variieren. FOTO: Landpixel

Situation in Rheinland-Pfalz, Hessen und Bayern

Blattkrankheiten 2022

Kaum Starkbefall und ausreichende Notfallzulassungen

Michael Adams, Südzucker AG, Division Zucker, Leiter Rübenabteilung Hessen-Pfalz

Von Michael Adams und Gerald Wagner Die Gesunderhaltung des Rübenblattes ist in allen Anbauregionen von großer Bedeutung. Die Rübe bildet über die Photosynthese den Zucker in den Blättern und speichert ihn in der Wurzel. Blattpilze führen zu einer Schädigung der Blätter und somit zu einer geringeren Zuckerbildung. Allerdings treten Blattpilze nicht in allen Gebieten und in Abhängigkeit vom Witterungsverlauf auch nicht jedes Jahr überall mit gleich hohem Druck auf. In Hessen-Pfalz und Bayern ist der Pilzdruck über die Jahre meistens eher hoch. Wie hat es dort in 2022 ausgesehen?

Hessen-Pfalz

Günstig für die Entwicklung des Cercospora-Blattpilzes sind hohe Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit/Blattfeuchte. In der Rheinebene liegen diese Umweltbedingungen häufig ab Ende Juni vor, auf den Beregnungsstandorten werden sie durch die Wassergaben geschaffen. Allerdings muss angemerkt werden, dass sich in diesem Jahr auch in den Beregnungsgebieten bei den anhaltend hohen Temperaturen meistens keine Luftfeuchtigkeit in den Zuckerrübenbeständen bilden konnte.

In Rheinland-Pfalz und Südhessen wird bereits Mitte Juni mit dem Blattkrankheiten-Monitoring begonnen. Es gilt, eine Erstinfektion rechtzeitig zu erkennen und dann die Fungizid-Applikation bei Erreichen der Schadschwelle (5 % Befallshäufigkeit zur Erstbehandlung) möglichst punktgenau zu setzen. Bei zu später Erstbehandlung ist in der Regel keine vollständige Kontrolle des Pilzbefalls mehr möglich. Bei zu früher Behandlung wird Wirkungsdauer der Fungizide verschenkt.

Von den 30 Bonitur-Standorten liegen zehn im Beregnungsgebiet. Hier wurden schon Ende Juni Befallshäufigkeiten von 3 bis 5 % ermittelt, so dass bereits am 30.06.2022 der erste Kontrollaufruf an die Landwirte in den Beregnungsgebieten herausging.

Die Fungizid-Empfehlung konzentrierte sich auf den Einsatz von Azol- bzw. Carboxamid-Wirkstoffe mit Zusatz eines Kontaktmittels. Für die Behandlung von Zuckerrüben wurden im Frühjahr 2022 vom BVL verschiedene Notfallzulassungen ausgesprochen (Azol-Carboxamid-Wirkstoffe: Propulse, Diadem, Panorama; Kontaktmittel: Funguran Progress, Yukon, Cuproxat, Coprantol Duo).

Die Wirkungsdauer der Fungizide beträgt rund drei Wochen. Unter Beachtung dieses Zeitraumes und der Bonitur-Ergebnisse der Monitoring-Standorte wurden an die Beregnungsregionen bis Ende August drei Kontrollaufrufe an die Landwirte geschickt.

Aufgrund der außergewöhnlich langanhaltenden und trocken-warmen Witterung haben sich die Pilzinfektionen außerhalb der Beregnungsregionen nur sehr moderat entwickelt. Nicht an allen Standorten wurde die Bekämpfungsschwelle erreicht. Dort wo dies der Fall war, war die Befallsstärke, also der Anteil der befallenen Blattfläche, in der Regel gering. Erst am 11. August, bei leicht zurückgehenden Temperaturen und vor dem Hintergrund von angekündigten Niederschlägen, wurde dann das Restgebiet zur möglichen Infektionsgefahr informiert und zur Kontrolle aufgerufen. Zu diesem Zeitpunkt entwickelte sich in diesem Jahr der Mehltau regional etwas stärker und löste durch die summarische Schwelle in einigen Feldern das Überschreiten der Schadschwelle aus.

Franken

Franken litt 2022 sehr unter einer extremen Sommertrockenheit. Trotzdem führte der beobachtete Cercosproabefall zu einem Kontrollaufruf, der mehrheitlich Ende Juli zugestellt wurde. Schwierig bleibt die Entscheidung, ob Rüben mit stark reduziertem Blattapparat behandelt werden sollen und können. Für einen möglichen Herbstzuwachs braucht es intakte Blätter, auch wenn es wenige sind. Diese sollten dann nicht der Cercospora zum Opfer fallen.

Süd-Bayern

Die ersten Cercosporainfektionen verliefen in der Region sehr unterschiedlich, selbst kleinräumig konnte keine einheitliche Linie festgestellt werden. Ein im ersten Drittel kühler Juni sollte eigentlich wenig Startinfektionsbedingungen schaffen. Trotzdem wurden im Hauptbefallsgebiet südlich der Isar sehr früh Flecken gefunden. Verantwortlich dafür waren hohe Temperaturen am Tag und abkühlende Nächte bei hohen Luftfeuchtigkeitswerten im zweiten und dritten Junidrittel. In dieser Kombination bildete sich sehr viel Tau, der bei Temperaturen um 28 °C bis in den frühen Nachmittag zu finden war. Etwas abgeschwächt konnte dies auch donauaufwärts bis Straubing beobachtet werden.

In den anderen Regionen war dies anfangs nicht zu finden. So entwickelte sich Cercospora im Werksgebiet Rain zuerst eher verhalten. Aber auch die Region Regensburg war zu Beginn nicht stark befallen. Im Juli folgten Zeiten mit sehr hohen Temperaturen bei sehr niedriger Luftfeuchtigkeit, die für eine rasche Getreideernte sorgten. Auch hier war das Infektionsgeschehen recht verhalten. Ab dem ersten Augustdrittel änderte sich das Wetter jedoch wieder. Teilweise wurden auch Niederschläge verzeichnet. Aber vor allem die hohe Luftfeuchtigkeit in der Nacht sorgte für Tau und Infektionen, die dann Ende August sichtbar wurden.

In den südbayerischen Anbauregionen wurden 2022 eigentlich nur noch Sorten mit zumindest mittlerer Blattgesundheit angebaut. Ein beachtlicher Teil wurde auch als sogenannte CR+ Sorten ausgesät. Auch dadurch wurde das Infektionsgeschehen eingebremst, wenn auch heuer die Freude über die CR+ Sorten sehr eingetrübt ist, bedingt durch eine Fremdbefruchtung mit einhergehenden massiven Schosserproblemen und der starken Blattreduktion bei fehlenden Niederschlägen bei den aktuellen Sorten.

Gerald Wagner, Arbeitsgemeinschaft Regensburg

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Zusammenfassend kann für Hessen-Pfalz festgestellt werden, dass das Jahr 2022 in der Fläche kein ausgesprochenes Blattkrankheiten-Jahr war. Der Zusatz von Kontaktmitteln hat im Wesentlichen in den Beregnungsregionen geholfen, auftretende Infektionen mit Blattpilzen zu kontrollieren. Die hohen Temperaturen haben keine anhaltend hohe Luftfeuchtigkeit zugelassen, so dass die Sporulation auf den Blättern immer wieder unterbrochen wurde und sich auch damit geringere Befallsstärken in den Zuckerrübenfeldern zeigten. Nicht vorhersehbar war die doch recht gute Fungizidauswahl, bedingt durch die ausgesprochenen Notfallzulassungen für Kontaktfungizide (Kupfer) und für neuere Azolwirkstoffe. Bei der etwas verhalteneren Cercosporaentwicklung werden viele Anbauer keine Unterschiede zwischen schwächeren und besseren Fungiziden im Jahr 2022 feststellen können. Dies wird erst bei stärkerem Befallsverläufen deutlich. Somit sollte für Bayern 2022 ein eher beherrschbares Blattkrankheitsjahr zu Ende gehen, wenngleich am Ende doch der eine oder andere Schlag durch die starken Frühinfektionen oder den unterschätzten Augustbefall ein braunes Ende finden wird.