Markt, Politk und Ökonomie

Dr. Stefan Meeder, Sprecher des Vorstands der CropEnergies AG

Ideologen graben alte Vorwürfe aus

Unfaire Polemik gegen Bio­kraft­stoffe

Teller und Tank-Diskussion neu befeuert?

Biokraftstoffe sparen in hohem Maß Treibhausgase ein. Außerdem ersetzen sie schon heute fossile Kraftstoffe und reduzieren so die europäische Abhängigkeit von Öl-Importen. Das in Frankreich Superethanol genannte E85 ist dort so beliebt, dass es zeitweilig zu Lieferengpässen kommen kann. FOTO: dzz

Von Dr. Stefan Meeder Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe oder Greenpeace fordern seit Langem einen Stopp für Biokraftstoffe. Wahlweise werden dabei brennende Regenwälder, die angeblich durch indirekte Landnutzungsänderungen (iLUC) verursacht werden, oder die „Teller-Tank“-Debatte, also die Konkurrenz zu Lebensmitteln, angeführt. Angesichts der hohen Bedeutung der Ukraine und Russlands als Getreideexporteure und der gestiegenen Getreidepreise war es daher kaum verwunderlich, dass diese Umweltverbände die Gunst der Stunde nutzten, um die „Teller-Tank“-Debatte insbesondere in Deutschland wieder anzuheizen. Dass die vorgebrachten Vorwürfe gegen Biokraftstoffe aus Ackerpflanzen schon seit Jahren widerlegt sind, spielt dabei leider keine Rolle.

Die „Argumente“ sind dabei immer die gleichen: Durch den Anbau von Ackerpflanzen für Biokraftstoffe erhöhe sich der weltweite Bedarf an Agrarflächen und führe so durch indirekte Landnutzungsänderungen (iLUC) zur Abholzung von Regenwald. Damit wären Biokraftstoffe sogar schädlicher als fossile Treibstoffe. Zudem wird es als moralisch verwerflich dargestellt, Ackerpflanzen zur Energiegewinnung zu nutzen, solange es Hunger auf der Welt gebe.

Verwunderlich ist auch die Bereitschaft von Teilen der deutschen Bundesregierung, dieser Kampagne Gehör zu schenken. So haben Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir die angeblich drohende Nahrungsmittelknappheit durch den Ukrainekrieg in den letzten Wochen und Monaten vermehrt zum Anlass genommen, einen Stopp von Biokraftstoffen aus Ackerpflanzen zu fordern. Allerdings besteht auch weiterhin keine einheitliche Linie innerhalb der Bundesregierung. Dies ist natürlich vor allem darauf zurückzuführen, dass die erhobenen Vorwürfe haltlos sind: Biokraftstoffe sparen in hohem Maß Treibhausgasemissionen ein und leisten einen erheblichen Beitrag zur Versorgungssicherheit im Verkehr. Auf der einen Seite das Ende der Abhängigkeit von russischen Energie-importen zu fordern und auf der anderen Seite ein willkürliches Ende der Nutzung heimischer Biokraftstoffe – das passt nicht zusammen.

Es gibt keine Konkurrenz zwischen Teller und Tank

Die in der öffentlichen Debatte thematisierte Konkurrenz zwischen Teller und Tank ist ein stark verkürzter und konstruierter Gegensatz, der wenig mit der Realität zu tun hat: Das Getreide, das zur Herstellung von erneuerbarem Ethanol genutzt wird, hat keine Lebensmittelqualität und ist daher gar nicht für den menschlichen Verzehr vorgesehen. Zudem werden aus 1.000 kg Getreide neben 300 kg erneuerbarem Ethanol rund 400 kg proteinhaltige Lebens- und Futtermittel sowie 300 kg biogenes CO₂ gewonnen.

Die befürchtete Lebensmittelkrise würde daher durch einen Wegfall von Biokraftstoffen nicht entschärft, sondern sogar verschärft. Kritiker von Biokraftstoffen aus Ackerpflanzen lassen nämlich außer Acht, dass bei der Produktion von Biokraftstoffen als Nebenprodukte proteinreiche Lebens- und Futtermittel anfallen.

Biokraftstoffe reduzieren Importabhängigkeit und sind unverzichtbar für Klimaschutz im Verkehr

Bei einem Stopp der Biokraftstoffproduktion würden diese wichtigen Produkte in Deutschland und Europa fehlen. Die Folge wäre eine höhere Importnachfrage nach Proteinprodukten und damit eine noch größere Importabhängigkeit von Produkten aus Südamerika. Mit entsprechenden Folgen für die europäische Versorgungssicherheit sowie Klimaschutz und Biodiversität in Südamerika, angesichts des zunehmenden Verlusts an Tropenwald.

Biokraftstoffe leisten zudem einen unverzichtbaren Beitrag zum Klimaschutz. Keine andere Alternative zu fossilen Kraftstoffen liefert so schnell und unproblematisch einen echten Beitrag zur Defossilisierung des Verkehrs, in der bestehenden Flotte und mit der vorhandenen Infrastruktur. Alle Biokraftstoffe, also erneuerbares Ethanol, Biodiesel und Biomethan, machen 90 % der erneuerbaren Energien im deutschen Verkehrssektor aus und sparten allein 2020 rund 13 Millionen Tonnen CO₂Äq. ein. Das ist ein unverzichtbarer Beitrag für den Klimaschutz und so schnell nicht zu ersetzen.

Biokraftstoffe in Europa haben keinen signifikanten Einfluss auf die Preisentwicklung

Auch in der aktuellen Situation besteht kein Mengenproblem bei Getreide und Ölsaaten. Das Problem sind zum einen die hohen Preise, für die aber nicht die Biokraftstoffproduktion verantwortlich ist. Die EU-Kommission hat bereits mehrfach festge-stellt, dass die europäische Nachfrage nach Biokraftstoffen keinen signifikanten Einfluss auf die Lebensmittelpreise hat. Zum anderen kommen kriegsbedingte Störungen oder Unterbrechungen der etablierten Lieferketten hinzu. Die Nutzung oder nicht Nutzung von heimischen Biokraftstoffen in Europa würde daran nichts ändern.

Für CropEnergies ist es strategisch wichtig, zunehmend auch immer mehr Abfall- und Reststoffe für die Ethanolherstellung zu nutzen. Der weitere Ausbau benötigt allerdings Zeit und bis dahin werden weiterhin Ackerpflanzen benötigt. Denn ohne die 1. Generation von Bioraftstoffen kann es keine 2. geben.

Teller-Tank-Diskussion: Blick über den Tellerrand erforderlich

Die Frage, wie nachhaltige Lebensmittel-, Futtermittel- und Energieversorgung mit effizientem Klimaschutz und bezahlbarer Mobilität bestmöglich in Einklang gebracht werden können, ist komplex. Die vereinfachte Darstellung in der Teller-Tank-Debatte missachtet wichtige Aspekte und geht an der Realität vorbei.

CropEnergies setzt auf integrierte Konzepte, bei denen Energie, Lebens- und Futtermittel, Biodiversität und Klimaschutz gemeinsam berücksichtigt werden. Die modernen Bioraffinerien Europas sind ein Paradebeispiel dafür, wie das gelingen kann.