Sonstiges

Bestimmung des Eindringwiderstands an einer Rübe mit einem Texturanalyser. FOTO: IfZ

Beschädigung und Lagerverluste

Festigkeit der Rübe als Sorten­eigenschaft

Große Unterschiede zwischen Sorten

Von Prof. Dr. Christa Hoffmann und Gunnar Kleuker, Institut für Zuckerrübenforschung, Göttingen Bei den Untersuchungen des IfZ zur Lagerfähigkeit von Zuckerrüben hat sich wiederholt gezeigt, dass eine geringe Beschädigung der Rüben bei der Ernte einen wichtigen Parameter zur Verminderung der Lagerungsverluste darstellt. Natürlich hat die Einstellung des Roders eine essenzielle Bedeutung, um die Beschädigung der Rüben gering zu halten. In einem Rodervergleich traten jedoch bei gleichen Erntebedingungen und Rodereinstellungen erhebliche Sortenunterschiede in der Beschädigungsempfindlichkeit auf. In einem weiteren Projekt haben wir in den letzten Jahren erforscht, ob die Beschädigungsempfindlichkeit in Zusammenhang mit der Festigkeit der Rübe steht und welche Bedeutung die Sorte hat.

Da die Lagerfähigkeit von Rüben ein wichtiges Kriterium für die Wirtschaftlichkeit darstellt, aber nur sehr aufwendig zu erfassen ist, wird versucht, einfache, dabei eher indirekte Merkmale zu finden, über die diese Sorteneigenschaft abgebildet werden kann. Ein solches Merkmal ist z.B. die Beschädigungsempfindlichkeit der Rübe, die nicht nur für die Lagerfähigkeit, sondern auch zur Vermeidung von Ernteverlusten eine Rolle spielt. Aber auch die Beschädigung kann nur durch aufwendige Bonituren einer Vielzahl von Rüben erfasst werden. Daher wurde in dem Projekt geprüft, ob Rüben, die auf eine mechanische Belastung stark reagieren und leicht beschädigt werden, eine geringe Festigkeit des Gewebes aufweisen.

Texturanalyse

Um die Festigkeit einer Rübe zu erfassen, wurden zunächst Methoden der Texturanalyse aus der Lebensmitteltechnologie für die Verhältnisse von Rüben angepasst. Das Prinzip der Messung besteht darin, dass eine 1 mm dicke Stahlsonde mit definierter Geschwindigkeit in eine Rübe gestochen wird. Dabei wird die Kraft aufgenommen, die notwendig ist, um die äußere Haut der Rübe (Periderm) zu durchdringen. Dies wird als Eindringwiderstand bezeichnet (Abb.1).

Abb. 1: Beziehung zwischen dem Durchmesser des Wurzelspitzenbruchs und dem Eindringwiderstand der Rübe bei sechs verschiedenen Zuckerrübensorten auf sieben Standorten 2018 und 2019 sowie zwölf Sorten 2020.

Ferner wird die Kraft erfasst, um die darunterliegenden 5 mm Gewebe zu durchdringen (Gewebefestigkeit), oder mit einer anderen Methode die Kraft, um einen Rübenzylinder definierter Größe zu zerdrücken (Druckfestigkeit). Bei den methodischen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass die Festigkeit der Rübe sehr gut reproduzierbar gemessen werden kann. Die unterschiedlichen Texturparameter (Eindringwiderstand, Gewebefestigkeit, Druckfestigkeit) sind eng miteinander korreliert. Am einfachsten zu messen ist der Eindringwiderstand, daher ist dieser als Maß für die Festigkeit der Rübe gezeigt.

In die Versuchsserie wurden sechs Zuckerrübensorten einbezogen, die sich durch einen unterschiedlichen Markgehalt auszeichneten. Der Markgehalt umfasst alle nicht-wasserlöslichen Inhaltsstoffe, die nach Extraktion des Zuckers und anderer löslicher Stoffe übrigbleiben und beschreibt damit die Zellwandbestandteile. Unterschiede im Markgehalt lassen daher auch eine unterschiedliche Textur erwarten.

Die Rüben wurden 2018 und 2019 in vollrandomisierten Blockanlagen auf Standorten im Bereich der Nordzucker (NZ), Südzucker (SZ) sowie des IfZ angebaut, die sich durch Bodenart und Wasserangebot erheblich unterschieden. Nach der Ernte wurde die Beschädigung der Rüben bonitiert, der Durchmesser des Wurzelspitzenbruchs gemessen und die Festigkeit bestimmt. Die Hälfte der Rüben wurde in einem Container unter kontrollierten Bedingungen gelagert, um Zuckerverluste während der Lagerung zu erfassen.

Beziehung zwischen Wurzelspitzenbruch und Eindringwiderstand

Zunächst wurde geprüft, ob sich Sortenunterschiede in der Festigkeit auf die Beschädigungsempfindlichkeit auswirken. In den Jahren 2018 und 2019 wiesen die Sorten mit dem höheren Eindringwiderstand auf den meisten Standorten einen geringeren Spitzenbruch auf, so dass sich eine negative Korrelation ergab (Abb. 1). Nur auf Standorten, auf denen der Spitzenbruch sehr gering war (schwarze und gelbe Linie), spielte der Eindringwiderstand der Rübe keine Rolle. Im Jahr 2020 (gestrichelte Linie) traten keine Unterschiede zwischen den zwölf Sorten im Spitzenbruch auf, so dass sich keine Beziehung zum Eindringwiderstand ergab.

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Die Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischen Belastungen ist nicht nur im Hinblick auf die Lagerfähigkeit, sondern auch für die Reduzierung von Verlusten bei der Ernte eine wichtige Eigenschaft. Weitere Verluste durch brüchige Rüben können in der Zuckerfabrik bei Transport und Rübenwäsche auftreten. Aus den Bonituren zum Befall mit Schimmel und Fäule nach der Lagerung deutet sich zudem an, dass auch die Widerstandskraft der Rübe gegenüber Befall und Ausbreitung von Pilzen von der Festigkeit des Gewebes und der Zellwände beeinflusst wird.

In weitergehenden Versuchen zusammen mit Zuckertechnologen zeichnet es sich ferner ab, dass die Festigkeit der Rüben bei der Verarbeitung, insbesondere in der Extraktion und bei der Abpressung der Rübenschnitzel, eine Rolle spielt. Es gilt allerdings noch zu klären, wo das Optimum für die Festigkeit der Rübe liegt. Wegen dieser Auswirkungen auf die unterschiedlichsten Stufen beim Anbau und der Verarbeitung findet die Festigkeit der Rübe daher zunehmend Beachtung.

Einfluss auf die Festigkeit der Rüben kann insbesondere über die Sortenwahl genommen werden, da unterschiedliche Anbaubedingungen keinen wesentlichen Einfluss gezeigt haben. Die Festigkeit der Rübe ist bisher keine Sorteneigenschaft, die strukturiert erfasst wird. Vor dem Hintergrund der aufgezählten Auswirkungen erscheint es aber sinnvoll, die Variabilität von Zuckerrübensorten in der Festigkeit zu untersuchen, um ein weiterführendes Verständnis von Sortenunterschieden zu erlangen. Ein entsprechendes Monitoring der Sortenentwicklung verhindert zudem, dass die Festigkeit bzw. der Markgehalt der Sorten unbeabsichtigt abnimmt. Das weitere Vorgehen hinsichtlich einer Sortenbewertung muss basierend auf diesen Erkenntnissen und weiteren Untersuchungen durch die Zuckerwirtschaft und Beteiligten des integrierten Prüfwesens diskutiert werden.

Insgesamt lag der Spitzenbruch in den Versuchen auf einem sehr niedrigen Niveau; nach IIRB-Standard wird ein Spitzenbruch überhaupt erst bei einem Durchmesser über 2 cm erfasst. In Praxisuntersuchungen werden auch Durchmesser bis zu 6 cm gefunden. Es ist anzunehmen, dass unter solch ungünstigen Bedingungen die Festigkeit der Rüben eine noch weitaus größere Rolle spielt.

Darüber hinaus weisen Rüben mit einem hohen Wurzelspitzenbruch auch gleichzeitig eine starke Beschädigung des Periderms auf. Daher ist der Wurzelspitzenbruch nur ein Indiz für weitere, auch äußerlich nicht sichtbare Verletzungen (Quetschungen), die sich allesamt negativ auf die Lagerfähigkeit der Rübe auswirken. Zunächst muss mehr Zucker umgesetzt werden, um Energie für die Wundheilungsprozesse zu erhalten, und darüber hinaus ist auch der Befall mit Schimmel und Fäule sowie deren Ausbreitung im Gewebe erhöht. Dies führt zu einem verstärkten Abbau von Zucker in der Rübe und damit zu erhöhten Lagerungsverlusten. Insbesondere bei einem hohen Niveau an Lagerungsverlusten war in den Versuchen ein positiver Effekt der Festigkeit von Rüben festzustellen.

Beziehung zwischen Eindringwiderstand und Markgehalt

In diesem Projekt sollte nicht nur herausgefunden werden, wie sich eine unterschiedliche Festigkeit der Rüben bei Ernte und Lagerung auswirkt, sondern auch, was die Ursachen sind. Die Festigkeit des Rübenkörpers kann in seiner Gewebestruktur begründet sein. Es wurde daher vermutet, dass die Ringstruktur in der Rübe, die durch die Kambiumringe mit Leitbündeln gebildet wird, zur Festigkeit beiträgt. Es zeigte sich allerdings, dass sich die Anzahl an Kambiumringen in der Rübe nicht zwischen den Sorten unterschied.

Neben den Makrostrukturen kann die Festigkeit von den Zellwandstrukturen beeinflusst sein. Bei Sorten mit einem hohem Markgehalt war auch der Eindringwiderstand hoch, d. h. die Rüben waren durch eine höhere Festigkeit gekennzeichnet als Rüben mit geringem Markgehalt (Abb.2).

Abb. 2: Beziehung zwischen dem Eindringwiderstand und dem Markgehalt der Rübe bei sechs verschiedenen Zuckerrübensorten auf sieben Standorten 2018 und 2019 sowie zwölf Sorten 2020

Das lässt darauf schließen, dass bei Sorten mit einem höheren Gehalt an Mark bzw. Zellwandbestandteilen die Zellen zahlreicher, dafür aber kleiner sind, oder aber, dass sie dickere und stabilere Zellwände haben, die nicht so leicht zerstört werden können.

Bei weiteren Analysen zeigte sich, dass sich der Gehalt an Cellulose, Hemicellulose, Pektin und Lignin kaum zwischen den Sorten unterschied. Somit scheint für die Festigkeit der Rübe hauptsächlich der Menge an Zellwandmaterial eine Rolle zu spielen, während die Zusammensetzung der Zellwände eher in den Hintergrund rückt.

Festigkeit als Sortenmerkmal

Da die Festigkeit Auswirkungen auf Ernte und Lagerung hat und zudem eine erhebliche genetische Variation aufweist, könnte sie als Sortenmerkmal genutzt werden. Für ein Sortenmerkmal ist es wichtig, dass der Effekt der Sorte hoch ist, dabei aber möglichst wenig Wechselwirkungen auftreten, die bewirken, dass sich die Rangfolge der Sorten in unterschiedlichen Umwelten ändert.

Für den Eindringwiderstand war der Sorteneffekt mit 36 % wesentlich höher als für die traditionellen Zuchtziele Rübenertrag (6 %) und Zuckerertrag (4 %). Somit erweist sich der Eindringwiderstand (genauso wie die Gewebefestigkeit und die Druckfestigkeit) als Merkmal mit einer sehr hohen Erblichkeit, d. h. es scheint relativ erfolgversprechend, die Textur als Zuchtziel einzubeziehen.