Markt, Politk und Ökonomie

Düngeverordnung 2022

Gebietsaus­weisung erneut geändert

Unzureichende Messstellen­dichte bleibt großes Problem

Von Marie-Christin Hofmannn Viel diskutiert und mehrfach angepasst – das lässt sich über die Ausweisung der Nitrat- und Eutrophierten Gebiete nach der ersten Novellierung der Düngeverordnung im Jahr 2017 sagen. Während zunächst in vielen Bundesländern sehr großzügig und pauschal Gebiete ausgewiesen wurden, kam es im Jahr 2020/21 mit einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Gebietsausweisung zu einer über alle Bundesländer hinweg gültigen Überarbeitung der Gebiete. Besonders aufgrund des enthaltenen Emissionsansatzes im Rahmen der Nitratbelastung kam es in den Roten Gebieten zu einer Reduzierung.

Alles auf Anfang

Auch weiterhin standen die Strafzahlungen der EU gegen Deutschland aufgrund des Verstoßes gegen die Nitratrichtlinie im Raum. Während die Regelungen der Düngeverordnung im Allgemeinen nicht für die Kritik der EU Kommission verantwortlich waren, so sorgte vielmehr die unterschiedliche Vorgehensweise der Bundesländer bei der Gebietsausweisung für Unmut. Zwar waren mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift die grundlegenden Voraussetzungen zur Überarbeitung der ersten Ausweisung festgelegt, dennoch war das Vorgehen im Rahmen der Modellierung, wodurch auch die aktuelle Bewirtschaftung miteinbezogen wurde, nicht in allen Ländern gleich umgesetzt worden. Je nach Vorgehensweise wurden zwischen über 50 oder etwas mehr als 10 % der mit Nitrat belasteten Fläche reduziert. Verschärfte Auflagen trafen so viele Betriebe aufgrund der angepassten Ausweisung nicht mehr mit der vollen gesamtbetrieblichen Fläche, in der Mehrheit der Fälle fielen nur noch Einzelschläge in die Gebietsausweisung bezogen auf Nitrat mit hinein.

Auf Kritik folgt Anpassung

Mit der unterschiedlich starken Betroffenheit durch abweichende Vorgehensweisen der Bundesländer hielt die Kommission auch Ende des Jahres 2021 an ihrer Kritik des Verstoßes gegen die Nitratrichtlinie fest. Unterschiedliche Anwendungen von Verfahren zur Gebietsabgrenzung und Einstufung der Belastung, aber auch die weiterhin unzureichende Messstellendichte in vielen Bundesländern hat Nachbesserungsbedarf. Noch im Februar 2022 diskutierten so Bund und Länder in Abstimmung mit der EU-Kommission über Anpassungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift, um den Forderungen nachzukommen und Strafzahlungen an Deutschland zu verhindern. Anfang Juni 2022 wurden dann im Rahmen eines Referentenentwurfs die abgeänderten Regelungen zur Gebietsausweisung veröffentlicht und stießen in der Berufstandsvertretung auf Unverständnis und Unzufriedenheit. Mit einem enormen zeitlichen Druck wurde dann jedoch – gegen alle Kritik – im Juli 2022 die geänderte Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Gebietsausweisung im Bundesrat verabschiedet. In dieser sind in Bundesländern mit einer geringen Messstellendichte Modellierungsansätze nicht zu rechtfertigen, der Emissionsansatz entfällt. Zur Unterstützung des Prinzips der Verursachergerechtigkeit soll stattdessen zunächst ein Nährstoffmonitoring umgesetzt werden. Anträge zur weiteren Ursachenforschung wurden im Bundesrat abgelehnt.

Änderungen treffen auf Unverständnis

Bereits im Rahmen des Anhörungsverfahrens wurde Kritik und Unverständnis seitens des Berufsstandes laut. So konnte durch die Ausweisung 2020 zunächst der Forderung nach verursachergerechter Ausweisung nachgekommen werden. Unter Einbeziehung der Bewirtschaftung, war für Landwirte in Teilen die Ausweisung von Flächen nachvollziehbar. Auch hat die kleinräumige Ausweisung zur Akzeptanz in der Umsetzung beigetragen. Größtes Manko waren und bleiben jedoch die Messstellen. Mit einer fehlenden Messstellendichte in vielen Bundesländern und darüber hinaus qualitativen Mängeln an bestehenden Messstellen, ist eine Ausweisung eines belasteten Gebietes auf deren Grundlage für den Berufstand weder nachzuvollziehen noch akzeptabel. Zunächst wäre eine Nachbesserung hier notwendig gewesen, bevor erneut die Gebietskulisse geändert wird. Doch diese Kritik fand im Rahmen der Verbändeanhörung nicht ausreichend Gewichtung, sodass nun Landwirte mit einer erneuten Ausweitung der Roten Gebietskulisse rechnen müssen. Nach der Verabschiedung im Bundesrat sind nun die Länder gefragt, ihre Landesverordnungen anzupassen und die geänderte Gebietsausweisung noch in diesem Jahr in Kraft treten zu lassen. Haben Landwirte nach der Reduzierung 2020 aufgeatmet, können sie im Rahmen der Überarbeitung nun mit großer Wahrscheinlichkeit wieder von den strengeren Auflagen der Roten Gebiete betroffen sein. Mit den immer wiederkehrenden Änderungen gibt es weder Sicherheit für den Berufstand, noch kann die Umsetzung der strengeren Auflagen Wirkung zeigen.

Marie-Christin Hofmann, Verband der Wetterauer Zuckerrübenanbauer, Friedrichsdorf