Rezepte und Sonstiges

Auf dem sehr feinen Saatbett für Zichorien kommt ein Abflammgerät im Vorauflauf zum Einsatz. FOTOS (5): BENEO

Zichorien-Erzeugung in Belgien

Die etwas andere Rübe

Rohstoff für hoch­interessante Produkte – diffizile Anbautechnik

Junge Pflanzen entwickeln sich nur langsam.

Von Jean Franc, BENEO und Erwin Boonen, Raffinerie Tirlemontoise Die Zichorie, von weitem sieht sie aus wie eine Zuckerrübe, aber sie ist weit entfernt davon, eine Zuckerrübe zu sein! Die Zichorie ist eine Hackfrucht, die zur gleichen Zeit gesät und geerntet und im gleichen Reihenabstand, aber mit doppelt so vielen Pflanzen pro Hektar wie Zuckerrüben, angebaut wird. Und hier hört der Vergleich zwischen Zuckerrübe und Zichorie praktisch schon auf.

Langsamer Starter im Frühjahr

Die Zichorienpflanze, die zur Familie der Asterngewächse gehört, hat sehr kleine Samen, benötigt warme Bedingungen zum Wachsen (mindestens 10 °C) und ist in den ersten Monaten der Entwicklung besonders langsam. Dies bedeutet, dass der Reihenschluss der Zichorien unter guten Bedingungen erst gegen Ende Juni, Anfang Juli stattfindet und im Gegensatz zu Zuckerrüben Lücken aufgrund fehlender Pflanzen nicht durch die Nachbarpflanzen kompensiert werden. Wegen der kleinen Samen muss die Saatbettbereitung ziemlich intensiv und fein sein, was viele Unkrautsamen zum Keimen anregt. Ein stark bearbeiteter und dadurch zum Wachstum angeregter Boden in Verbindung mit einer sehr langen Zeit für die Entwicklung von Unkräutern ist also der Ausgangspunkt für diese herausfordernde Kultur. Noch schwieriger macht den Zichorienanbau, dass er auf europäischer und globaler Ebene sehr klein ist und daher nur wenige Wirkstoffe zur Unkrautbekämpfung in dieser Kultur verfügbar sind. Gleichzeitig entwickelt sich gerade ein neuer Markt für End­produkte aus Bio-Zichorien. Wie für alle Kulturen im ökologischen Landbau dürfen im biologischen Zichorienanbau keine syn­the­tischen chemischen Produkte zur Unkrautbekämpfung verwendet werden. Diese Herausforderungen sowohl im konventionellen als auch im biologischen Zichorienanbau verlangen es uns ab, alternative Methoden der Unkrautbekämpfung zu untersuchen und zu testen!

Im Vergleich: ein „falsches Saatbett“ bringt die Unkräuter zum Keimen.

Schwierige Unkrautbekämpfung

Die erste und offensichtlichste Unkrautbekämpfungsmethode ist die Fruchtfolge. Die besten Vorkulturen für Zichorien sind Weizen oder Gerste. Die Zwischenfrucht vor Zichorie sollte eine Pflanzenmischung sein, die eine gute Biomasseentwicklung aufweist. Diese Biomasse trägt dazu bei, die potenzielle Unkrautentwicklung stark zu verringern. Generell wird bei der Zichorie ein Fruchtfolgeabstand von mindestens vier Jahren empfohlen. Die zweite Unkraut­bekämpfungs­methode, die sowohl im konventionellen als auch im ökologischen Landbau weit verbreitet ist, arbeitet mit der Methode des „falschen Saatbetts“. Sie besteht darin, den Boden Anfang März wie für die Aussaat zu präparieren, jedoch ohne zu säen. Damit wird Unkraut zum Keimen angeregt, das später durch verschiedene chemische oder nicht-chemische Techniken, wie einen Eggenstrich oder ein Abflammen mit einem Gas-Unkrautbrenner (für den ökologischen Landbau), zerstört werden kann. Da die Idee ist, die Unkrautkeimung zu fördern, sollte der Boden danach bis zur eigentlichen Aussaat (im Durchschnitt Anfang April, um ausreichend hohe Temperaturen zu haben) nicht mehr bearbeitet werden. Ein weiterer Vorteil, den Boden nicht mehr zu öffnen, besteht darin, dass die Bodenfeuchtigkeit besser erhalten wird. Das ist für die kleinen Zichoriensamen, die extrem flach (ca. 0,5 cm tief) ausgesät werden, sehr wichtig. Wenn diese Variante der Unkrautbekämpfung fehlschlägt, weil zu viele Unkräuter überleben oder anderweitig schlechte Bedingungen herrschen, muss eine nochmalige Bearbeitung des Saatbetts erfolgen. Das führt zu einem Feuchtigkeitsverlust und der Keimauslösung neuer Unkräuter, was den Nutzen dieser Maßnahme dann stark verringert.

Abflammen, Hacken oder Spritzen

Die Keimung und die Jugendentwicklung der Zichorie ist sehr langsam und dies ist bei weitem die kritischste Zeit für die nicht-chemische Unkrautbekämpfung. Das Überfahren mit einem Abflammgerät kurz vor dem Auflaufen kann relativ gut funktionieren. Aber das Timing ist hierbei sehr kritisch, um keine kleinen Zichorien zu verbrennen, die gerade im Begriff sind, aus dem Boden zu kommen. Für die Landwirte, die keine chemische Unkrautbekämpfung anwenden können oder wollen, ist es deshalb ratsam, schon vor der Aussaat mit dem Abflammgerät zu arbeiten. Das ist aber nur dann erfolgreich, wenn die Unkrautpopulation noch nicht zu mächtig ist; zudem ist es empfehlenswert, erst dann zu säen, wenn wärmeres Wetter vorhergesagt wird, um eine rasche Keimung zu haben und 4 bis 5 Tage nach der Aussaat noch einmal mit dem Gasbrenner zu arbeiten. Es ist auch klar, dass unter den gegenwärtigen Umständen das mehrmalige Passieren mit einem Abflammgerät einige relevante Fragen zur Kosteneffizienz und zu den Kohlenstoffemissionen einer solchen Technik aufwirft. Für Biobauern ist diese Technik trotzdem empfehlenswert, da sie den Unterschied zwischen einer erfolgreichen Ernte und einem Feld mit einem hohen Bedarf an händischer Unkrautregulierung, gefolgt von einem stark erhöhten Unkrautdruck, in der Zukunft ausmachen kann. In einem späteren Stadium, ab 2 bis 4 Blättern (5 bis 10 Wochen nach der Saat), können klassische Hackmaschinen mit speziellen flachen Klingen verwendet werden, um Unkraut zwischen den Reihen zu bekämpfen, ohne viel Boden zu bewegen. Außerdem wird das Risiko einer neuen Unkrautkeimung verringert. Ab 4 Blättern können die Hackmesser mit „Kress-Rädern“ kombiniert werden, um auch in der Reihe zu arbeiten. Sobald sich die Zichorien in diesem Stadium oder weiter befinden, kann auch die Kammegge verwendet werden, solange es noch um kleine Unkräuter geht. Größere Unkräuter können mit diesem Gerät nicht mehr kontrolliert werden. Zwei bis vier Durchgänge mit einer Hackmaschine, gegebenenfalls in Kombination mit einer Kammegge, sind erforderlich, wenn der Landwirt sich dafür entscheidet, auf den Einsatz chemischer Unkrautbekämpfung zu verzichten oder ihn auf ein Minimum zu reduzieren.

... und zuletzt dann doch per Hand

Im Frühjahr und Sommer sind einige Stunden manueller Unkrautentfernung erforderlich, um die Bekämpfung abzuschließen. Dies ist im Allgemeinen in allen Anbauformen erforderlich, unabhängig davon, ob es sich um vollständig konventionelle, integrierte oder organische Betriebe handelt. Die Anzahl der benötigten Stunden hängt natürlich vom Erfolg der vorherigen Schritte und von der Pflanzendichte ab, weil die Zichorie, wie bereits erwähnt, im Gegensatz zur Zuckerrübe Lücken kaum schließen kann. Deshalb kompensieren die Nachbarpflanzen Freiflächen auf dem Feld so gut wie gar nicht und lassen dem Unkraut Licht und Standraum, um sich im Laufe des Jahres zu entwickeln. Falls die Verunkrautung im Sommer sehr bedrohlich wird – dann handelt es sich meistens um Gänsefuß – kann die Verwendung von „wheels weed catcher“ (eine Technik, wie sie beispielsweise von der Firma Klünder angeboten wird) einen Teil der Arbeit erledigen, um die Konkurrenz von starken Unkräutern, die über die Zichorien hinauswachsen, zu reduzieren. Besonderes Augenmerk muss dabei auf die Lenkung des Traktors gelegt werden, der die Unkrautfänger trägt. Es ist wichtig, die Reihen der Wurzeln nicht um einige Zentimeter zu verschieben, da die spezifischen Erntemaschinen mit einem gabelartigen Rodeaggregat arbeiten und sie nur dann gute Arbeit leisten können, wenn der Reihenabstand sehr genau eingehalten wird. Wegen der ständigen Verringerung der verfügbaren Herbizidwirkstoffe, dem steigenden Bedarf an ihre Verwendung und der gesellschaftlichen Forderung, mit weniger Pflanzenschutzmitteln zu arbeiten, müssen weitere Schritte getan werden.

Unkrautbekämpfung mit der Kamm-Egge.

Verschiedene Unkraut-Werkzeuge im Testeinsatz.

Wann kommt der Roboter?

BENEO arbeitet aktiv mit Südzucker und Raffinerie Tirlemontoise zusammen, um neue Optionen zur Unkrautbekämpfung zu bewerten und weiterzuentwickeln. Innerhalb der gemeinsamen Projekte haben sich folgende Schwerpunkte herauskristallisiert:

  • Die Erstellung erweiterter Datenbanken zur Identifizierung der einzelnen Rüben- und Zichorienpflanzen. Das ist die Basis für alle automatisierten Präzisionsarbeiten in der Zukunft.
  • Unabhängige Feldroboter (ohne Fahrer): - einreihige oder mehrreihige Systeme - Solarantrieb oder Ladebatterie - Überwachungsbedarf (gemäß gesetzlicher Vorgaben) - verschiedene Unkrautwerkzeuge mit folgenden Ausstattungen bzw. Weiterentwicklungsoptionen: - Vollständig mechanisch - Mikrospritzen von einzelnen Herbiziden oder Mischungen - Elektrische Verbrennung - Bekämpfung mit Mikrowellen

Auch wenn diese Roboter oder neuen Methoden der Unkrautbekämpfung vor ein paar Jahren noch eine Utopie zu sein schienen, werden sie in den kommenden Jahren Realität in der Feldarbeit sein. Durch die Bündelung aller Kompetenzen in der Südzucker-Gruppe und in der Partnerschaft mit den Landwirten, bestehen gute Aussichten, Lösungen für die vielen Herausforderungen zu finden, denen sich der Zichorien- und die Zuckerrübenanbau stellen müssen. Natürlich werden diese Lösungen nicht immer sofort erfolgreich sein und manchmal müssen bestimmte Optionen aufgeben werden. Aber am Ende wird die Zusammenarbeit erfolgreich sein. Die Zukunft begann gestern, heute betrifft sie alle an der Erzeugung beteiligten und sie alle tragen zur Weiterentwicklung bei.