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An Stellen mit geringer Bodengüte zeigen sich zunehmend schlaffe, auf dem Boden liegende Blätter der Rübenpflanzen – sogenannte schlafende Rüben. Die Symptome sind zunächst in Nestern zu finden. Mit fortschreitender Trockenheit werden diese immer größer bis hin zum gesamten Bestand. Die Pflanzen verringern ihr Wachstum bzw. stellen dieses ein. Eine Überbrückung mehrerer Wochen ohne bleibende Schäden ist dadurch möglich. Bei einsetzenden Niederschlägen wird das Wachstum fortgesetzt.

Trockenheit weckt Erinnerung an das Jahr 2018

Witterung bringt zunächst notwendige Erwärmung, aber zu wenig Niederschläge

cb – Nach einem durchwachsenem Start in die Vegetationssaison führten die Monate Mai und Juni mit einer deutlichen Erwärmung zu einer Beschleunigung der Pflanzenentwicklung, sodass überwiegend bereits Anfang Juni der Reihenschluss zu beobachten war. Diese zunächst besseren Wachstumsbedingungen führten überraschenderweise auch zu einer wahrnehmbaren Erhöhung der Pflanzenzahlen. Die anfänglich sehr pessimistische Schätzung der Bestandszahlen, in Höhe von ca. 70.000 Pflanzen je Hektar im Durchschnitt des Anbaugebietes, hat sich dadurch noch deutlich erhöht.

Leider war die Erwärmung mit mehreren Hitzeperioden sowie sehr geringen Niederschlägen verbunden. Die Regenmengen sind bisher über das gesamte Verbandsgebiet geringer als im langjährigen Mittel. Allerdings sind die räumlichen Unterschiede, analog zum Jahr 2018, sehr groß. Das bekannte Nord-Süd-Gefälle hat sich eingestellt. Teilweise fehlen über 50 % der Regenmenge zum langjährigen Mittelwert. Gleichzeitig nahm die Zahl der Tage mit Temperaturen über 30 °C deutlich zu.

In diesem Rübenbestand, fotografiert am 05.07.2022, werden die Reihen wieder gut sichtbar. Die trockenstressbedingte Blattstellung und das verminderte Biomassewachstum sorgen für neue Lücken im Bestand. Vorhandene Unkräuter können sich dadurch weiter entwickeln, das führt zu einer gut sichtbaren Verunkrautung.

Anfang Juli finden sich in den Beständen zunehmend die Auswirkungen von Hitze- und Trockenstress. Das Wachstum haben viele Bestände eingestellt und teilweise liegen die Blätter schlaff auf dem Boden. Parallel werden die Reihen durch die beginnenden Reduktionen im Blattapparat wieder sichtbar, was ein zusätzlicher Grund für die vermehrt erkennbare Spätverunkrautung ist.

Diese Beobachtungen bestätigen auch jüngere Untersuchungen des Instituts für Zuckerrübenforschung in Göttingen zum Wasserbedarf von Zuckerrüben. In diesen Untersuchungen wurden Rübenpflanzen zu verschiedenen Entwicklungsstadien Trockenstress ausgesetzt. Dabei wurde deutlich, dass der Wasserbedarf parallel zur Wachstumsrate ansteigt und mit fortschreitender Vegetation wieder abnimmt. Dabei wurden die Maxima von Wasserbedarf und Wachstumsrate bei ca. 1.700 Gradtagen ermittelt.

Im Verbandsgebiet weisen die meisten Bestände, abhängig vom Aussaattermin sowie dem genauen Temperaturverlauf, Temperatursummen zwischen 1.300 und 1.500 Gradtagen aus. Dementsprechend befinden sich diese aktuell in der Phase mit dem größten Wasserbedarfs, sowohl absolut als auch hinsichtlich der täglichen Zunahme von Wachstum und Wasserbedarf. Ein Defizit in der Wasserversorgung hat dementsprechend im Juli und August die größten Ertragsauswirkungen. Leider prognostizieren die mittelfristigen Modelle des DWD für die kommenden Monate trockenere und wärmere Verhältnisse als im langjährigen Durchschnitt.

Der Befallsdruck durch die Schwarze Bohnenlaus war sehr hoch. Nach einem verhaltenem Beginn im April und Anfang Mai stiegen die Befallszahlen mit zunehmender Erwärmung deutlich an. Teilweise fanden sich in den Beständen Pflanzen mit Koloniebildung an allen vorhanden Blättern. Bei derartig extremem Befall werden die Pflanzen auch durch die Saugtätigkeit der Läuse geschwächt. Funde der Grünen Pfirsichblattlaus, als wesentlichem Überträger von Vergilbungsviren, waren deutlich seltener.

Die regelmäßige Beseitigung der Unkraut- und Schosserrüben ist für einen langfristig erfolgreichen Rübenanbau entscheidend. In diesem Frühjahr herrschte grundsätzlich keine den Schossreiz fördernde Witterung, allerdings finden sich dennoch Bestände mit hohem Anteil an Unkraut- oder Schosserrüben. FOTOS(4): Bayer

Neben dem Wetter bringt die europäische Agrarpolitik weitere Unsicherheit für die Rübenanbauer. Zwar sind die wesentlichen Eckpunkte der GAP-Reform seit Anfang 2022 bekannt, aber zahlreiche Details sowie die dazugehörigen Bundes- bzw. Länderverordnungen stehen noch aus.

Mittlerweile ist die Getreideernte in vollem Gang und die Betriebe müssten die künftigen Rahmenbedingungen als Grundlage ihrer heutigen Handlungen kennen. Leider ist dies nicht in ausreichendem Umfang der Fall. Wünschenswert wäre eine erneute Verschiebung der Umsetzung der Reform durch einjährige Verlängerung der bestehenden Regelungen seitens der Europäischen Union. Bis Klarheit über alle Details der kommenden Vorgaben sowie über die dazugehörigen Durchführungsbestimmungen herrscht, ist den Betrieben zu raten, sich an den aktuell gültigen Bedingungen zu orientieren.

Weniger Unsicherheit zeigt ein Blick auf die Zuckermärkte. Die Notierungen für Weißzucker in London sind von ihren Höchstständen Mitte April bis Anfang Juni ein wenig zurück gekommen, bewegen sich aber weiterhin auf einem hohen Niveau oberhalb von 500 EUR/t. Dieser Kursverlauf unterscheidet sich für Zucker nicht substantiell von anderen Agrarrohstoffen und kann bis weit in das Zuckerwirtschaftsjahr 2022/23 zu einer Stabilisierung der Preise innerhalb Europas beitragen. Parallel bleibt das innereuropäische Angebot, aus heutiger Sicht, auch nach der Ernte 2022 eher knapp, sodass mit einer Fortsetzung der positiven Preisentwicklung und deutlich steigenden Rübenpreisen für die Ernten 2022 und 2023 zu rechnen ist.