Anbau

Maschinenhacke zwischen den Rübenreihen (links); Bandpritzung in der Rübenreihe (rechts)   FOTO: IfZ

Vergleich mechanischer, kombinierter und chemischer Unkrautbekämpfung

Ist Hacken in Rüben umwelt­freundlich?

Regenwürmer, Bodenerosion und CO2-Fußabdruck

Dr. sc. agr. Heinz-Josef Koch, Institut für Zuckerrübenforschung, Göttingen

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Mechanische Unkrautkontrolle ist nicht nur herbizidfrei, sondern verringert auch das Erosionsrisiko auf verkrusteten Böden. Allerdings hat die mechanische Unkrautkontrolle einen deutlich höheren CO2-Fußabdruck im Vergleich zur chemischen Unkrautkontrolle und ist daher derzeit das klimaschädlichste der drei hier untersuchten Verfahren. Die Entwicklung und Etablierung dieselfreier mechanischer Unkrautkontrolle (wie z. B. solarenergie-betriebener Hackroboter) würde die Treibhausgasemissionen deutlich senken und damit das mechanische Verfahren klimafreundlich machen.

Von Dr. Olga Fishkis und Dr. Heinz-Josef Koch Die mechanische Unkrautkontrolle spielt derzeit in Zuckerrüben eine untergeordnete Rolle. Mittlerweile sinkt aber die Zahl verfügbarer Herbizide und der politische Druck auf die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln steigt. Gleichzeitig werden neue Techniken für die Unkrautbekämpfung entwickelt, wie z. B. Roboter, die in der Reihe und zwischen den Reihen hacken können. Eine erhebliche Herbizidreduktion kann bereits durch die Band-, und noch weitergehend, die Punktapplikation erreicht werden, die mit einem Hackroboter kombiniert werden kann. Aufgrund dieser Entwicklungen dürfte das Hacken zukünftig zunehmend Anwendung finden. Unklar ist, welche Umweltwirkungen von Verfahren mechanischer Unkrautbekämpfung ausgehen. Diese wurden bislang nicht untersucht. Daher war es das Ziel des Projektes EvaHerb, die Umweltwirkungen mechanischer, chemischer und mechanisch-chemischer Unkrautregulierung umfassend zu ermitteln.

Versuchsaufbau

In fünf Feldversuchen auf Lössboden nahe Göttingen wurden die mechanische, chemische und kombinierte mechanisch-chemische Unkrautkontrolle in ihren Auswirkungen auf Bodenerosion und Abundanz von Regenwürmern miteinander verglichen. Hierzu wurden drei Varianten untersucht:

(1) 3x Hacken zwischen den Reihen und in der Reihe (2) 3x Hacken zwischen den Reihen und 3x Bandspritzung in der Reihe (3) 3x Flächenspritzung. Die Aussaat der Zuckerrüben erfolgte Ende März – Anfang April nach Zwischenfrucht (Senf) in Hangrichtung. Die Hangneigung variierte zwischen 0 und 10 %. Nach der Unkrautkontrolle vor dem Reihenschluss wurden auf 2 m2 großen Flächen in Parzellen mit mechanischer und chemischer Unkrautkontrolle Regensimulationen durchgeführt, um Oberflächenabfluss und Bodenabtrag zu messen. Dazu wurde Wasser mit einer Intensität von 1-1,5 mm/min 20-30 Minuten lang mit einer Schwenkdüse ausgebracht und das von der Fläche abfließende Wasser mit den suspendierten Partikeln im Minutentakt aufgefangen. Im Oktober vor der Ernte wurde ein Regenwurmfang an vier Stellen von 0,5 m x 0,5 m pro Parzelle mit der Formalin-Methode durchgeführt. Die Anzahl an adulten und jungen Tieren jeder aufgetretenen Art wurde bestimmt.

Bodenerosion

Der Einfluss der mechanischen Unkrautkontrolle auf den Oberflächenabfluss und Bodenabtrag war stark abhängig von der Ausprägung einer Bodenverkrustung. Am Standort Obernjesa (2019) war die Bodenverkrustung sehr stark ausgeprägt und das Hacken hatte eine stark reduzierende Wirkung auf Oberflächenabfluss und Bodenabtrag, während es an den Standorten Röbbich (2020) und Bühle (2021) mit nicht verkrusteten Böden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Varianten in Oberflächenabfluss oder in Bodenabtrag gab.

Wie der Vergleich der Ergebnisse zwischen den verkrusteten und nicht-verkrusteten Böden deutlich zeigt, förderte Bodenverkrustung den Oberflächenabfluss und erhöhte damit auch den Bodenabtrag. Das Hacken brach die Verkrustung auf, erhöhte die Infiltration und reduzierte den Oberflächenabfluss und den Bodenabtrag. Bei einer sehr hohen Regenintensität von 1,5 mm/min wie in Sieboldshausen (2019) wird jedoch auch diese erhöhte Aufnahmekapazität durch das Hacken überbeansprucht: Abfluss und Abtrag waren nicht reduziert und der Abtrag tendenziell höher als in der Herbizidvariante.

Insgesamt zeigen diese Ergebnisse, dass die erhöhte Bodenrauigkeit nach dem Hacken eine positive Auswirkung auf die Infiltrationskapazität hat. Dies dürfte die von uns erwartete erosionsfördernde Wirkung des Hackens durch das Abschneiden und Verschütten von Regenwurmgängen mehr als ausgeglichen haben.

Dr. Olga Fishkis, Institut für Zuckerrbenforschung, Göttingend

Danksagung

Die Förderung des Vorhabens erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages. Die Projektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung.

Messung von Oberflächenabfluss und Bodenabtrag mithilfe von Starkregensimulation auf einer Fläche von 2 m2 innerhalb der Parzellen mit mechanischer und chemischer Unkrautregulierung.   FOTO: IfZ

Regenwürmer

Die Anzahl der Regenwürmer, sowohl Tiefgräber wie Lumbricus terrestris als auch der flachgrabenden Art Aporrectodea caliginosa, unterschied sich nicht zwischen den Varianten an vier der fünf untersuchten Standorte. Nur an einem Standort war die Anzahl an Jungtieren von L. terrestris im Herbst um 46 % niedriger in den Parzellen mit rein mechanischer Unkrautkontrolle im Vergleich zu den beiden Herbizidvarianten. Im Gegensatz zu den adulten Tieren bewohnen die Jungtiere von L. terrestris die Bodenoberfläche und sind dadurch viel stärker durch das Hacken gefährdet.

Das Auftreten signifikanter Unterschiede nur an einem Standort war vermutlich durch eine sehr ausgedehnte Trockenphase im Sommer verursacht, die bei den anderen Standorten entweder kürzer oder gar nicht vorhanden war. Unter diesen günstigen Bedingungen war L. terrestris vermutlich in der Lage, die potenziellen Verluste durch das Hacken bis zum Herbst wieder auszugleichen. Nur bei einem starken Trockenstress im Sommer blieb die Reduzierung der Anzahl Jungtiere durch das Hacken noch bis zum Herbst sichtbar.

Kalkulationsgrundlage für Rohstoffverbrauch und CO₂-Fußabdruck

Der Verbrauch von Diesel, die Kosten und der Zeitaufwand für die mechanische, chemische und kombinierte Unkrautbekämpfung wurden mithilfe des Webtools „Leistungs-Kostenrechnung Pflanzenbau“ des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL) abgeschätzt. Der Energieaufwand bei der Herstellung und Unterhaltung von Maschinen und Anlagen wurde ebenfalls dem KTBL-Rechner entnommen. Die mit der Herstellung und Nutzung von Diesel und Herbiziden verbundenen Energieverbräuche und CO2-Emissionen wurden mithilfe von Biograce (Version 4d: Standard Values https://www.biograce.net/home 07.05.2021) berechnet.

Messung von Oberflächenabfluss und Bodenabtrag mithilfe von Starkregensimulation auf einer Fläche von 2 m2 innerhalb der Parzellen mit mechanischer und chemischer Unkrautregulierung. FOTO: IfZ

Verkrusteter Boden: chemische Unkrautkontrolle (links); mechanische Unkrautkontrolle (rechts).   FOTO: IfZ

Rohstoffverbrauch und Klimafreundlichkeit

Die mechanische Unkrautkontrolle verursacht kein toxikologisches Risiko für die Umwelt, hat aber durch die niedrige Flächenleistung einen deutlich höheren Zeitbedarf und auch einen viel höheren Dieselverbrauch zur Folge. Der steigende Dieselverbrauch erhöht wiederum den Energieverbrauch und CO2-Emissionen. Die Herstellung von Herbiziden ist zwar auch energieaufwendig, hat aber einen niedrigen CO2-Fußabdruck im Vergleich zu dem der Herstellung und Verbrennung von Diesel. Insgesamt ist der CO2-Fußabdruck der mechanischen Unkrautkontrolle 1,7 - 2,5-fach höher im Vergleich zu chemischer Unkrautkontrolle. Das kombinierte mechanisch-chemische Verfahren zeigte sich als die preisgünstigste Strategie, deren Diesel-, Energie- und Treibhausgasemissionen waren niedriger als bei mechanischer Unkrautkontrolle aber deutlich höher im Vergleich zu dreimaliger Flächenspritzung.

Regenwurmfang im Herbst mittels Formalin-Methoden.   FOTO: IfZ