Anbau

Händische Entfernung von Samtpappeln aus dem Zuckerrübenbestand.   FOTOS (4): Nübel

Samtpappel und Co.

Wehret den Anfängen

Ein starker Unkrautbesatz kann immense Ertragseinbußen verursachen

Veit Nübel, Südzucker AG, Division Zucker Leiter Rübenabteilung Baden-Württemberg

Von Veit Nübel Ein starker Unkrautbesatz kann immensen Ertragseinbußen verursachen und langwierige negative Auswirkungen auf die folgenden Bewirtschaftungsjahre mit sich bringen. Ertragsminderungen und Mehraufwand im Unkrautmanagement kann durch angepasste Kulturführung und intensive Bestandsbeobachtung vermieden werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei „Problem-Unkräutern und Ungräsern“ sowie „Null-Toleranz-Unkräutern“. Vertreter für diese Kategorien sind Samtpappel (Abuthilon theophrasti), Stechapfel (Datura stramonium) oder – speziell im Zuckerrübenanbau – Unkrautrüben und Schosser.

Biologie

Bei der Samtpappel handelt es sich um einen Neophyten. Die Samtpappel, auch Schönmalve genannt, wurde mit Futtermitteln, verunreinigtem Saatgut oder durch Verkehr und Tourismus nach Europa eingeschleppt und war in der Lage, sich sehr gut und schnell an die vorherrschenden Standortbedingungen anzupassen. Das einjährige Samenunkraut aus der Familie der Malvengewächse stellt einen starken Nährstoff-, Wasser- und Wurzelraumkonkurrenten für die Kulturpflanzen dar, der in sehr kurzer Zeit die Kultur überwächst und bis zu zwei Meter hoch werden kann. Die Faserpflanze ist leicht an samtig behaarten, oberirdischen Pflanzenteilen zu erkennen und bildet mit zunehmender Lebensdauer einen fasrigen Stängel aus. Die Keimblätter sind hellgrün und herzförmig ausgerandet, ebenso sind auch die Laubblätter lindenblattförmig, groß und langgestielt. Die gelben Blüten der Samtpappel sind einzeln angeordnet. Es werden becherartige Fruchtstände mit spitzen Kelchzipfeln ausgebildet. Besondere Beachtung gilt dem enormen Samenbildungspotenzial. Pro Pflanze können in einer Saison mehr als 1.000 Samen gebildet werden. Die Samen haben eine enorme Persistenz, sind mehrere Jahre im Boden lebensfähig und können in Folgekulturen erneut auflaufen und Probleme verursachen.

Gefahren durch Unkraut

Samtpappel und Co. stellen besonders in Sommerungen ein Problem dar. Die Pflanzenschutzmöglichkeiten sind im Fall von Besatz mit Stechapfel, Samtpappel und Schossern sehr gering und beschränken sich meist auf mechanische Pflanzenschutzmaßnahmen, beziehungsweise händisches Entfernen aus dem Bestand. Im Zuckerrübenanbau wird das Problem noch verschärft, da es derzeit keinen zugelassenen Wirkstoff für die Bekämpfung in Rübenbeständen gibt. Die Bekämpfungsmöglichkeiten innerhalb der Fruchtfolge sind ebenfalls stark einschränkt.

Blütenstand der Samtpappel.

Um eine Gefahr der Verschleppung und Verseuchung der Flächen durch den Eintrag der Samen zu vermeiden, ist es empfehlenswert, die Bestände regelmäßig und engmaschig zu kontrollieren. Sofern im Bestand schwer bekämpfbare Unkräuter oder Schosser und Unkrautrüben anzutreffen sind, sollte zeitnah gehandelt und die Unkräuter vor der Blüte aus dem Bestand entfernt werden, um das Aussamen und damit den Sameneintrag in den Boden zu verhindern. Bei der händischen Entfernung von Stechapfel ist größte Vorsicht geboten, da die Pflanzen giftig sind. Somit ist das Tragen von Handschuhen unerlässlich, um einen direkten Kontakt zur Haut zu vermeiden. Bei Stechapfel im Keimblattstadium kann Debut Abhilfe leisten (s. Abb. rechts).

Langzeitbelastung vermeiden

Ein starker Unkrautbesatz mit schwer bekämpfbaren Ungräsern und Unkräutern sollte nicht einfach hingenommen werden, da die Flächen im schlimmsten Fall für den Zuckerrübenanbau ungeeignet werden. Unter allen Umständen gilt es, das Aussamen – und damit den Eintrag in die Samenbank im Boden – zu verhindern. Sofern dies nicht erfolgt, riskiert man eine Verseuchungs- und Verschleppungsgefahr der Unkrautsamen mit Ernte-, Lade- und Bodenbearbeitungsgeräten sowohl innerbetrieblich als auch zwischen verschiedenen Betrieben. Besonders bei der Zuckerrübenernte sind die Folgen sehr schwerwiegend, weshalb die Einordnung als „Null-Toleranz-Unkraut“ seine Berechtigung findet. Zudem nimmt man durch das Nicht-Bekämpfen von Samtpappel, Schossern und anderen invasiven Unkräutern enorme Qualitäts- und Ertragseinbußen in Kauf und riskiert die Zurückweisung der gelieferten Zuckerrübenpartie in der Fabrik. Zudem ist laut Branchenvereinbarung V (4) ff. jeder Anbauer zur Entfernung von Schossern sowie von schwer bekämpfbaren Unkräutern verpflichtet.

Bekämpfung

Beim Auftreten von Samtpappeln in Zuckerrübenbeständen sind die möglichen Pflanzenschutzmaßnahmen begrenzt. Im Idealfall bekämpft man die Samtpappel im Keimblattstadium und spätestens vor der Blüte, da in diesem Zeitraum der Aufwand für die Bekämpfung am geringsten ist. Die Keimung vollzieht sich im Frühjahr bei Bodentemperaturen von mindestens 15 °C und kann aus Bodentiefen von bis zu 5 cm erfolgen. Nachfolgend sollte eine intensive Überwachung der Unkrautentwicklung vorgenommen werden, um bei erneutem Auflaufen sofort entgegenwirken zu können.

Falls der Samtpappelbesatz im Bestand Überhand nehmen sollte und die Pflanzen nicht aus dem Bestand entfernt werden, können die Zuckerrüben nicht in der Fabrik verwertet werden und werden stattdessen in Biogasanlagen verwertet. Dies hat einen großen Mehraufwand zur Folge. Diese Rüben müssen am Ende der Kampagne gerodet werden, sofern dies nicht möglich sein sollte, ist eine zusätzliche Reinigung der Erntemaschinen nötig, ehe diese zum nächsten Betrieb übersetzen. Dies dient dazu, eine Verschleppung von Unkrautsamen zu unterbinden. Bei der Verwertung der Rüben in Biogasanlagen ist nicht davon auszugehen, dass keimfähige Unkrautsamen über das Gärsubstrat wieder auf die Flächen gelangen. Bereits im mesophilen Temperaturbereich kann, laut Ergebnissen des Biogaslabors der Universität Hohenheim, die Keimfähigkeit der Samen von Problem-Unkräutern wie Samtpappel, Stechapfel und Wildrüben inaktiviert werden. Den Versuchsergebnissen zufolge kann bereits bei Fermentertemperaturen von 37 °C und einer Verweildauer von 24 Stunden die Inaktivierung von Samtpappelsamen angenommen werden.

Neues Unkrautbekämpfungssystem

Als präventiven Ansatz ist an dieser Stelle das CONVISO SMART System zu nennen. Das herbizidtolerante Anbausystem, entwickelt von KWS und Bayer, bestehet aus einer Zuckerrübenhybridsorte und einem darauf angepassten Herbizid mit sehr breitem Wirkungsspektrum. Sofern eine Zulassung erfolgt, kann diese Anbaustrategie künftig eine vielversprechende Möglichkeit sein, das Unkrautmanagement im Zuckerrübenanbau zu vereinfachen.

Blütenstand der Samtpappel.

Stechapfel nach zweimaliger Debut-Behandlung. FOTO: Eisemann

Samtpappelbesatz im Zuckerrübenbestand.

Keimblatt mit Samenhülle.   FOTO: Wetzler