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Mechanische Unkrautbekämpfung von „durchgewachsenem“ Unkraut. FOTOS (2): Orafti Chile

Erntesystem Zichorien in Chile Zusammenfassend kann man festhalten, dass diese Kampagne aus agronomischer und verarbeitungstechnischer Sicht eine deutliche Verbesserung zum Vorjahr darstellt.

Zichorienanbau in Chile

Auf der anderen Seite des Globus

Die vor kurzem zu Ende gegangene Kampagne verlief erfolgreich

Dr. Johann Maier, Südzucker AG, Kuratorium für Versuchswesen und Beratung im Zuckerrübenanbau, Mannheim

Von Dr. Johann Maier Seit 2005 werden für Beneo in Chile kommerziell Zichorien angebaut. Während der ersten Jahre war die Variation der Erträge bei den Landwirten sehr hoch. Entsprechend wurden in intensiven Feldversuchen die grundlegenden Fragen zur Pflanzenproduktion bearbeitet und in der Beratung umgesetzt. Trotz aller Fortschritte ist der Anbau von Zichorien nach wie vor sehr anspruchsvoll und gelingt nicht jedes Jahr in gleichem Maße.

Guter Feldaufgang als Basis für einen hohen Ertrag

Im Unterschied zur Zuckerrübe wird das Saatgut von Zichorien auf ca. 0,5 cm Tiefe abgelegt. Angestrebt wird eine Endbestandesdichte von ca. 170.000 Pflanzen/ha. Für einen guten Feldaufgang ist entsprechend eine flache, feinkrümelige Bodenbearbeitung mit guter Rückverfestigung notwendig. Nur dann kann die Ablagetiefe einigermaßen konstant gehalten werden. Aufgrund der immensen Bedeutung eines hohen Feldaufganges ist man in den letzten Jahren immer mehr dazu übergegangen, die Keimung und den Auflauf mit einer Beregnung zu unterstützen. Im Vergleich zum Vorjahr konnte der Feldaufgang um ca. 10 % gesteigert und somit ein guter Start in das Anbaujahr hingelegt werden.

Temperaturen hätten höher sein können

Zichorien bevorzugen überwiegend hohe bis sehr hohe Temperaturen. Wenn es der Zuckerrübe zu heiß wird, fühlen sich Zichorien erst so richtig wohl. Auch Temperaturen über 30 °C werden gut „vertragen“. Ihre bis in 2,5 m Tiefe reichenden Wurzeln helfen, Wasser­reserven in der Tiefe zu erschließen und Trockenphasen relativ gut zu überstehen. Die Temperaturen während diesen Sommers waren im Vergleich zum Vorjahr etwas niedriger.

Krankheiten und Schädlinge

Zichorien sind v.a. während das Auflaufens gefährdet. Hier dezimieren einige im Boden lebenden Insektenlarven die Bestandesdichte zusätzlich zur Witterung. Dagegen machen ihr – aufgrund der sehr hohen Robustheit – die Attacken von Pilzen und Insekten, die die Blätter befallen, relativ wenig aus. Lediglich die Wurzel ist sehr anfällig für zwei bodenbürtige Pilze, die Fäulen verursachen. Eine entsprechende Steuerung der Beregnung ist entscheidend, um freies Bodenwasser zu verhindern und damit die Infektionsbedingungen für die beiden Pilze zu erschweren. Die richtige Balance zwischen genügend Wasser für einen Ertragszuwachs und nicht zu viel Beregnung, um die Fäulen nicht zu fördern, entscheidet über eine erfolgreiche Produktion von Zichorien in Chile. Entsprechend nimmt bei Feldversuchen und Projekten die Steuerung der Beregnung einen wichtigen Platz ein.

„Klimawandel hat Einfluss auf die Bergung“

Aufgrund des sich verändernden Klimas fallen die Winterniederschläge in der Andenregion zunehmend nicht als Schnee, sondern in Form von Regen und gehen damit als langsam abschmelzender Wasservorrat für die Sommermonate verloren. Vor allem in nördlichen Anbaugebieten kommt es immer wieder vor, dass die Beregnungskanäle im Sommer kein Gebirgswasser mehr führen. Natürlicher Niederschlag ist während der Monate Oktober bis April (chilenischer Frühling und Sommer) eher selten.

Bodenprofil in Chile mit frei gelegten Wurzeln von Zichorien. FOTO: Graber

Verbesserte Unkrautkontrolle

Der hohe bis sehr hohe Unkrautdruck, in Kombination mit sich ausbreitenden Resistenzen v.a. gegen Wirkstoffe aus der Klasse der Sulfonylharnstoffe, gestalten die Kontrolle zunehmend schwieriger. In der Regel sind eine Vorauflauf- und bis zu fünf Nachauf­laufbehandlungen erforderlich. Zusätzlich wird zwischen den Reihen bis zu zweimal eine Maschinenhacke eingesetzt, um die Zichorien bis zur Ernte einigermaßen unkrautfrei zu halten. Da dies nicht in allen Fällen gelingt, wurden in der Vergangenheit Spezialgeräte angeschafft, um „durchgewachsenes“ Unkraut aus den Beständen zu entfernen. Aktuell läuft in Belgien ein Projekt mit einem start-up zur mechanischen Unkrautbekämpfung in der Reihe. Diese Aufgabe ist sehr anspruchsvoll, da der Abstand von Zichorien in der Reihe nur etwa 9 cm beträgt.

Fahrermangel erschwert die Rode- und Transportlogistik

Die Folgen der Covid-Pandemie sowie des Ukraine-Konfliktes sind auch in Chile deutlich zu spüren. Wie in Europa sind qualifizierte Lkw-Fahrer Mangelware. Dies trifft umso mehr für hochspezielle Fahrzeuge, wie die selbstfahrenden Zichorie-Rodemaschinen zu. Hier kommen etwas modifizierte 6-reihige Zuckerrübenroder zum Einsatz. Zusätzlich kamen im Mai noch einige Tage mit ausgiebigem Regen hinzu, die die Rodung erschwerten. Das Kampagneende verschob sich so etwas nach hinten, sie wird aller Voraussicht in der ersten Juliwoche beendet sein.

Ertrag und Qualität deutlich über dem Vorjahr

Trotz der niedrigeren Temperaturen wird im Vergleich zum Vorjahr ein etwa 10 % höherer Zichorien-Ertrag erwartet. Die Höhe des Kohlenhydratgehaltes in den Wurzeln wird überwiegend von der Jahreswitterung geprägt und entspricht dem Niveau des Vorjahres. Ausschlaggebend für eine hohe Qualität sind dabei sowohl die Anzahl der Jahressonnenscheinstunden als auch die Temperatur während der Ernte. Kühle Witterung im Herbst/Winter senkt den während der Sommermonate gebildeten Vorrat an Carbohydratgehalt in der Wurzel durch einen gesteigerten enzymatischen Abbau. Hier besitzt das Klima in Chile mit milden Temperaturen im Herbst/Winter einen eindeutigen Vorteil gegenüber der Situation in Europa. Zusätzlich erlauben die weit verbreiteten Vulkanascheböden eine Rodung der Zichorien bis zum Kampagneende. Aktuell werden Roder der Firmen Holmer und Ropa in Kombination mit Überladerfahrzeugen eingesetzt. Diese „just in time“ Logistik ohne Vorratsrodung und mehrwöchiger Lagerung am Feldrand, stellt einen weiteren Vorteil im Vergleich zum Anbau auf der Nordhalbkugel dar. Aufgrund der direkten Überladung vom Roder auf den Lkw ohne Zwischenreinigung spielt die äußere Qualität wie z.B. Verunkrautung und/oder Steine eine wichtige Rolle für die spätere Verarbeitung in der Fabrik. Beide Parameter konnten in diesem Jahr durch eine optimierte Unkrautbekämpfung und Feldauswahl deutlich verbessert werden. Sowohl die Kraut- als auch der Steinefänger kamen mit der vom Acker kommenden äußeren Qualität gut zurecht.

Ausblick auf 2023

Aktuell läuft die Kontrahierung für die nächste Ernte. Die Aufgabe ist, die Anbaufläche für die Ernte 2023 deutlich zu steigern. Trotz des starken Wettbewerbs durch die Alternativkulturen wie Winterweizen, Durum, Zuckerrübe, Raps und Mais deutet die erste Nachfrage nach Verträgen daraufhin, das ambitionierte Flächenziel am Ende erreichen zu können. Auch in Chile sehen viele Landwirte in einer Vertragskultur mit sicherer Preiszusage bei Vertragsabschluss Vorteile. Zusätzlich bietet der Anbau von Zichorien weitere Vorteile, wie die ganzjährige engmaschige Beratung und v.a. die niedrigeren Ansprüche an Düngung und Beregnung im Vergleich zu alternativen Kulturen.