Unternehmen

Viele Lacke und Farben enthalten Ethylacetat.

CropEnergies baut neues Geschäftsfeld auf

Nachwachsender Kohlenstoff als Chance

Biobasierte Chemikalien als Rohstoff der Zukunft

Jürgen Böttcher, CTO, CropEnergies AG

Von Jürgen Böttcher Wenn wir in einer klimafreundlichen Welt leben wollen, müssen wir die von uns verwendeten Materialien verändern und fossile Kohlenstoffe sukzessive durch nicht fossile Kohlenstoffe, wie z. B. aus Biomasse, ersetzen. Kohlenstoffdioxid oder kurz CO2 wäre prinzipiell kein Problem für unser Klima, wenn wir nicht massenhaft das seit Millionen von Jahren in der Erde gespeicherte Erdöl und Erdgas nutzen und verbrennen würden. Dadurch werden die darin enthaltenen Kohlenstoffe freigesetzt und zusätzliches, fossiles CO2 reichert sich in der Atmosphäre an. Pflanzen nehmen das CO2 aus der Luft auf, geben Sauerstoff ab und speichern den Kohlenstoff in ihren Fasern. Das ist effizienter als jede vom Menschen erdachte technische Methode, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. Und hier liegt die große Chance, fossile Kohlenstoffe im Erdboden zu lassen.

Ambitionierte Expansionspläne

CropEnergies setzt genau hier an. Unser erneuerbares Ethanol verringert schon heute den Bedarf an fossilen Kraftstoffen im Verkehr und ersetzt ihn durch klimaschonendere Alternativen. In unserem Kerngeschäft der nachhaltigen Mobilität mit klimaschonenden Kraftstoffen werden wir weiterhin aktiv sein. Dabei untersuchen wir auch die zunehmende Erweiterung der Rohstoffbasis um Rest- und Abfallstoffe zur Herstellung von Biokraftstoffen der 2. Generation. Also zum Beispiel erneuerbares Ethanol aus lignozellulären Rohstoffen (z. B. Holz und Stroh). Ein Beispiel dafür ist die am 9. Juni veröffentlichte Zusammenarbeit mit LXP.

Zusätzlich wollen wir neue Geschäftsfelder erschließen. Eins davon sind biobasierte Chemikalien. Eine Studie des Nova Instituts (siehe Abbildung) zeigt den aktuellen und zukünftigen Bedarf an Kohlenstoff in der chemischen Industrie. Von 450 Millionen Tonnen im Jahr 2020 soll der Bedarf sich auf 1.000 Millionen Tonnen mehr als verdoppeln. Während 2020 noch 85 Prozent dieses Kohlenstoffs aus fossilen Quellen stammte, soll 2050 über die Hälfte aus recycelten Materialien stammen, 25 Prozent aus CO2 und 20 Prozent sollen biobasiert sein. Im gleichen Rahmen wie die Mobilität durch den Einsatz von Elektromotoren den Einsatz von flüssigen Kohlenstoffen verringern wird, wird die chemische Industrie also ihren Bedarf steigern. Um den fossilen CO2-Ausstoß gemäß der europäischen Klimaziele bis 2050 komplett einzustellen, müssen erneuerbare Kohlenstoff-Quellen also massiv ausgebaut werden.

Hier bieten Ethanolfolgeprodukte eine interessante, nachhaltige Alternative zu fossilen Rohstoffen in der chemischen Industrie. Vor diesem Hintergrund laufen Planungen vonCropEnergies für den Bau einer Anlage für erneuerbares Ethylacetat in der Nähe des Standorts Zeitz.

Aus erneuerbarem Ethanol soll nachhaltiges Ethylacetat (Essigsäureethylester/Essigester) hergestellt werden. Ethylacetat ist ein Lösungsmittel und findet breite Anwendung bei der Herstellung von Kosmetika, flexiblen Verpackungen und Beschichtungen, Farben und Klebstoffen sowie in der Lebensmittel-, Getränke- und Pharmaindustrie. In Europa wurden 2020 rund 530 Millionen Tonnen Ethylacetat verarbeitet. Der Markt soll in den nächsten Jahren weiter wachsen. Bisher wird dieses Ethylacetat mit Rohstoffen aus fossilen Quellen hergestellt.

Erneuerbare Alternative für nachhaltigere Produkte

Das von CropEnergies genutzte Herstellungsverfahren ist nahezu 100 % kohlenstoffneutral und liefert dabei Ethylacetat in höchster Qualität. Das Produkt bietet Kunden eine hervorragende Möglichkeit, die in Zukunft geforderte Nachhaltigkeit zu erreichen, indem sie durch die Verwendung des Ethylacetats von CropEnergies ihren CO2-Fußabdruck deutlich verringern. Gleichzeitig profitieren die Kunden von der Versorgungssicherheit und kurzen Lieferwegen einer europäischen Herstellung.

In der geplanten Anlage, die aus Ethanol und erneuerbaren Energien nachhaltiges Ethylacetat herstellt, entsteht gleichzeitig noch ein wertvolles Nebenprodukt: Wasserstoff. Dieser kann zusammen mit biogenem CO2 aus der Fermentation der CropEnergies-Ethanolproduktion die Grundlage für weitere Produkte liefern, z.B. für erneuerbare Energien aus PtX (Power-to-X)-Prozessen wie die Herstellung von E-Fuels.

Aktuell befindet sich CropEnergies gemeinsam mit dem Technologiepartner Johnson Matthey mitten in der Prozessplanung (basic engineering). In der zweiten Jahreshälfte 2022 soll dieses Prozessplanungspaket ausgearbeitet sein. Anschließend wird CropEnergies über die Investition von etwa 80 bis 100 Millionen Euro entscheiden. Die Anlage wäre für 50.000 Tonnen Ethylacetat pro Jahr ausgelegt und würde in der Nähe des Crop-Energies Standorts Zeitz entstehen.

Zukunftsplanung in vollem Gange

Auch über Ethylacetat hinaus befindet sind CropEnergies in intensivem Austausch mit der chemischen Industrie. Diese hat im Kontext ihrer Nachhaltigkeitsstrategien, in denen sowohl die Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen als auch die Unabhängigkeit von Importen als Ziel definiert werden, großes Interesse an großvolumigen Ethanollieferungen von CropEnergies als Rohstoff für Basischemikalien.

Weltweiter Kohlenstoff-Bedarf für Chemie- und andere Produkte in 2020 und 2050e (in Mio. t gebundener C) QUELLE: NOVA-Institute.eu/2021