Anbau

Die Gemeinschaften schulen ihre Fahrer bereits gemäß den Vorgaben für Berufskraftfahrer. FOTOS (3): Weippert

Rübentransport

Bäuerliches Fundament – gewerblicher Mantel

Maschinengemeinschaften transportieren Rüben zukünftig in angepasster Rechtsform

Klaus Weippert, Fachstelle Rübenlogistik, Ochsenfurt

Von Klaus Weippert Noch vor 40 Jahren fuhren Landwirte ihre eigenen Rüben mit ihren eigenen landwirtschaftlichen Gespannen zu den Zuckerfabriken beziehungsweise zu Verladestationen für den Bahntransport. Mitte der 80er Jahre wurden noch 45 % der Rüben per Bahn transportiert. Nur die mit Rübentransport beauftragten Speditionen setzten zu dieser Zeit bereits großvolumige Gliederzüge oder Sattelzüge mit Pritschen-Aufliegern ein. Mit dem Ende des Bahntransportes gründeten sich bäuerliche Maschinengemeinschaften, die in schlagkräftige Technik für das Reinigen und Laden sowie für den Rübentransport investierten. Die „Kurz Lkw“ genannten Zugmaschinen waren so konzipiert, dass auch für sie, wie für die anderen landwirtschaftlichen Traktoren, eine Kfz-Steuerbefreiung galt. Die Maschinengemeinschaften firmierten wegen ihrer einfachen Handhabung in der Rechtsform der GbR, was allerdings bedingte, dass jeder Rübenanbauer unbeschränkt haftete. Die Abfuhrgebiete dieser Maschinen­gemeinschaften umfassten meist nur wenige Agenturen, die Maschinen­ausstattung bestand in der Regel aus einem Ladegerät und 5 - 10 Lkw. Durch den zurückgehenden Rüben­transport mit landwirtschaftlichen Gespannen, der schrittweisen Umstellung auf Lkw-Transport und die zunehmende über­betrieb­liche Rodung wurde Arbeitszeit bei den Rüben­anbauern freigesetzt. Diese Arbeits­zeit­kapa­zität nutzen die Landwirte, um im gegen­seitigen Leistungsaustausch den jeweiligen Rübenanbauer, der gerade mit den angemieteten Fahrzeugen der Maschinen­gemeinschaft seine Rüben transportierte, zu unterstützen. Sie halfen den Kollegen als Fahrer der Lademaus und der Gliederzüge, beziehungsweise beim Vorspannen oder dem Absichern der Verladestelle. Bei der Novellierung des Güterkraft Verkehrs­gesetzes (GüKG) 1997 wurden für die bäuer­lichen Beförderungen für eigene Zwecke sowie für Beförderungen für andere bäuerliche Betriebe detailliert Ausnahmen vom Gesetz formuliert.

Sattelzüge ersetzen Gliederzüge

Die Beförderung eines Landwirts für einen anderen Landwirt im Rahmen eines Maschinenringes oder eines vergleichbaren wirtschaftlichen Zusammenschlusses ist vom GüKG nur dann ausgenommen, sofern die Beförderung innerhalb eines Umkreises von 75 Kilometern mit Kfz-Steuer-befreiten Fahr­zeugen durchgeführt wird. Die Gliederzüge hatten vor allem in den Feldwegen ihre Vorteile, beim Hängenbleiben im Feldweg konnten sie auch auseinander gekuppelt werden. Bis Anfang der 2000er Jahre war diese Art und Organisationsform im Rübentransport verbreitet. Im Laufe der Zeit setzten sich jedoch Sattelzüge durch, die durch eine wesentlich höhere Nutzlast und einen geringeren Treibstoffverbrauch punkten. Da die Sattelzüge der Kfz-Steuer unterliegen, galt damit nach GüKG nur noch der Freistellungs­tatbestand „für eigene Zwecke“.

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Durch die Umwandlung der bäuerlichen Gemeinschaften in Gemeinschaften mit einer gewerblichen Organisationsform ist der Grundstein für eine sichere Versorgung der Zuckerfabriken in der Kampagne gelegt. In der Praxis ändert sich für den Rübenanbauer wenig, die bewährten Teams sind weiterhin im Transport aktiv, nur eben in gewerblicher Rechtsform. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass die Verarbeitungswerke der durch den Ukrainekrieg ausgelösten Energiekrise trotzen können und genug Energie – Gas, Kohle oder Öl – für die Verarbeitung der Zuckerrüben zur Verfügung haben. Und für die Rodung, Verladung und die Anfuhr wird hoffentlich auch genügend Diesel angeliefert.

Originäre bäuerliche Selbstanfuhr – jeder Rübenanbauer lieferte seine Rüben mit eigenem Schleppergespann an.

Der Trend ging vom Schlepper über Unimog zum Lkw. FOTOS (3): Rübenabteilung Franken

Latenter Fahrermangel

Durch die Schließung von mehreren Zuckerfabriken im süddeutschen Raum haben ehemals Fabrik-nahe Anbaugebiete plötzlich weite Entfernungen zum nächsten Verarbeitungswerk. Für den Transport der gleichen Rübenmenge waren auf einmal wesentlich mehr Transportfahrzeuge – und vor allem aber auch die Fahrer für diese Fahrzeuge – notwendig. Durch die Umstellung von 16-Stunden-Anfuhr auf 24-Stunden-Anfuhr konnte zwar die Anzahl der Lkws reduziert werden, die notwendige Fahrerkapazität blieb jedoch gleich. Parallel zu dieser Entwicklung führte der Strukturwandel in der Landwirtschaft dazu, dass viele kleinere Betriebe aufhörten oder in den Nebenerwerb gingen. Doch gerade die kleineren Betriebe deckten bei den Gründungen der Maschinengemeinschaften die meisten Einsatzzeiten ab, da sie neben den Arbeiten in ihrem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb noch freie Arbeitskapazität hatten. Diese freie Arbeitskapazität führte jedoch häufig dazu, dass zusätzlich zu den Arbeiten im Landwirtschaftsbetrieb ein ganzjähriges außerland­wirtschaftliches Arbeitsverhältnis eingegangen wurde. Im Laufe der Jahre standen immer weniger Landwirte zur Verfügung, die ihre Kollegen beim Rübentransport unterstützten. Vielmehr stellten Rübenanbauer nun ihrerseits Saisonarbeitskräfte an, um nun, statt des Betriebsleiters selbst, einen Angestellten des landwirtschaftlichen Betriebes als Fahrer im Rübentransport zu entsenden.

Außerlandwirtschaftliche Arbeitskräfte

Eine Anstellung dieser Saisonarbeitskräfte direkt bei den bäuerlichen Maschinengemeinschaften ist nicht möglich. Laut den „Fachlichen Weisungen“ der Bundesagentur für Arbeit erfüllt die Vermietung eines Lkw mit Personal den Tatbestand der Arbeitnehmerüberlassung, wofür die Gemeinschaften jedoch keine Erlaubnis besitzen. Daher müssen diese Kräfte bei sogenannten Entsendebetrieben angestellt werden. Damit unterliegt der Entsendebetrieb allen gesetzlichen Arbeitgeberpflichten, unter anderem dem Abschluss eines Arbeits­vertrages, unverzügliche Anmeldung des Helfers bei der Sozialversicherung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes oder des Mindestlohngesetzes. Die angestellte Arbeitskraft ist im landwirtschaftlichen Betrieb zu integrieren und mit typisch landwirtschaftlichen Tätigkeiten zu betrauen, sonst unterliegen die Umsätze für diese Arbeitskraft der Regelbesteuerung. Besonders problematisch für den Entsendebetrieb ist jedoch Paragraph 21a des Arbeitszeitgesetzes. Demnach müssen bei Beschäftigung im Straßentransport die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zwischen allen Arbeitgebern, auch außerhalb der Landwirtschaft, abgeglichen werden. Der Entsendebetrieb ist ebenso dafür verantwortlich, dass der Angestellte für die vertragliche vereinbarten Tätigkeiten jährlich eine Gefährdungsbeurteilung und darauf aufbauende Unterweisungen erhält.

Transport künftig mit GüKG-Erlaubnis

Agiert die Gemeinschaft nun gewerblich mit einer Lizenz für den Güterkraftverkehr, so werden, eventuellemit Ausnahme der selbständigen Landwirte, alle Fahrer direkt angestellt. Damit kümmert sich nun eine zentrale Stelle um Arbeitsverträge, Abführung von Sozialabgaben, Lohnsteuer und Berufsgenossenschaftsbeiträge. Von der Berufsgenossenschaft vorgeschriebene Sicherheits­unter­weisungen oder die regelmäßigen Weiterbildungen im Rahmen des Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetzes werden nun ebenfalls von zentraler Stelle koordiniert. Beim Rübentransport in einer gewerblichen Organisationsform sind die Gemeinschaften nun auch nicht mehr nur auf Fahrer aus dem Bereich der Landwirtschaft angewiesen, sondern sie können Lkw-Fahrer aus dem gesamten Arbeitsmarkt rekrutieren.

Früher lotsten Hinweisschilder die Fahrzeuge, heute geschieht dies digital über Farmpilot.

Sozialvorschriften im Fokus

Bei den Vorgaben zu den Lenk- und Ruhezeiten im Güterverkehr, den sogenannten Sozialvorschriften, gibt es für die Landwirtschaft Ausnahmen. So sind Fahrzeuge, die von Landwirten zur Güterbeförderung im Rahmen der eigenen unternehmerischen Tätigkeit im Umkreis bis zu 100 Kilometern verwendet werden, grundsätzlich von den Vorschriften befreit. Den Hinweisen zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr, welche vom Bundesamt für Güterverkehr (BAG) herausgegeben werden, ist in der aktuellen Fassung zu entnehmen, dass die Kontrollbehörden den bäuerlichen Rübentransport im Fokus haben. Der Rübentransport ist dezidiert erwähnt. In den Anmerkungen zum Freistellungstatbestand für die Landwirtschaft wird ausgeführt: „Um die Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen zu können, ist Voraussetzung, dass die Fahrzeuge im Rahmen der eigenen unternehmerischen Tätigkeit verwendet werden. Eine Anmietung ist möglich, wenn diese ohne Fahrer erfolgt. Zusammenschlüsse, die ausschließlich zum Zwecke des Abtransportes (beispielsweise von Zuckerrüben) erfolgen, fallen nicht unter die Ausnahmeregelung.“

Keine Ausnahmen für Abfuhrgemeinschaften

Bei den Anmerkungen zum Ausnahmetatbestand für lof-Fahrzeuge wird dem Rübentransport sogar der Status einer landwirtschaftlichen Tätigkeit abgesprochen. Hier heißt es: „Beförderungen, die nicht Teil einer landwirtschaftlichen Tätigkeit sind – insbesondere durch Zusammenschlüsse (Abfuhrgemeinschaften, Maschinenringe), die ausschließlich zum Zwecke des Abtransportes (beispielsweise von Zuckerrüben) erfolgen –, fallen nicht unter die Ausnahmeregelung.“

Verkehrsleiter nötig

Wie früher bei der bäuerlichen Rübenanfuhr ist weiterhin ein Einsatzleiter da, der die Ladegeräte und die Lkw plant und disponiert. Neu ist die Stelle des Verkehrsleiters. Der Verkehrsleiter muss die Verkehrstätigkeiten des Unternehmens tatsächlich und dauerhaft leiten. Er muss somit über entsprechende Entscheidungsbefugnisse und Kompetenzen im Unternehmen verfügen. Er ist verantwortlich für den verkehrssicheren Zustand der Fahrzeug, für die Prüfung der Arbeitsverträge und der Rechnungsführung sowie für die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften. Zudem muss er dafür Sorge tragen, dass sich die Fahrer an das Arbeitszeitgesetz und die Sozialvorschriften halten und die vorgeschrie­benen Weiterbildungen und Unterweisungen mitmachen. Der Unterschied zur klassischen Spedition besteht nur darin, dass den Rübenanbauern ihre Spedition auch selbst gehört. Zudem werden i.d.R. Rechtsformen gewählt, die eine Haftung des einzelnen Rübenanbauers ausschließen.

Kurz-Lkw, klassisches Transportfahrzeug der 1990er Jahre, mit grünem Kennzeichen.