Anbau
Standorte mit Rhizoctonia- oder Rübenkopfälchen-Befall
Rhizoctonia
Die Späte Rübenfäule (verursacht durch den Pilz Rhizoctonia solani) ist über alle Rübenanbauregionen weit verbreitet und gehört zu den bedeutendsten bodenbürtigen Krankheiten der Zuckerrübe. Rhizoctonia kann zu hohen Ertrags- und Qualitätsverlusten führen. Die Symptome im Feld sind nesterweises Welken, bevor die Blätter sternförmig um die befallen Rübe absterben. Der Grad der Schädigung reicht von leichter Fäule bis zu vollständig verfaulen Rüben. Der Pilz überdauert in Form von Myzeln (fadenförmige Zellen) oder einer lebensfähigen Dauerform (Sklerotien) im Boden. Das aus der Dauerform wachsende Myzel wird ab einer Bodentemperatur von ca. 15°C aktiv (Optimalbereich ist 25-33 °C) und besiedelt die Wurzeloberfläche, bevor der Pilz schließlich in den Rübenkörper eindringt.
Wichtige, befallsfördernde Faktoren sind eine enge Stellung von Zuckerrüben in der Fruchtfolge sowie ein hoher Maisanteil. Ebenso führt eine schlechte Bodenstruktur mit Verdichtungen und Staunässe sowie Bodenbearbeitung bei ungünstigen Witterungsbedingungen zu guten Infektionsbedingungen.
Auch in Beregnungsgebieten kann das Rhizoctoniarisiko deutlich erhöht sein. Vorbeugende Maßnahmen sind daher die Verbesserung der Bodenstruktur über Mulchsaat sowie ein Anbau von geeigneten Zwischenfrüchten. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hat die wichtigsten greening-geeigneten Zwischenfruchtmischungen für Zuckerrübenfruchtfolgen getestet und empfiehlt im Jahresbericht 2018 als gering anfällige, empfehlenswerte Zwischenfrüchte: Alexandrinerklee, Kreuzblütler (gut: Gartenkresse, mittel: Tillage Radish, mittel bis eher nicht geeignet: Gelbsenf und am Ende Ölrettich), Rauhafer und Sonnenblumen. Vermieden werden sollten allerdings rhizoctonia-anfälligen Zwischenfruchtarten wie Phacelia, Saatwicke und großkörnige Leguminosen (Ackerbohne, Erbse). Eine termingerechte Bodenbearbeitung sowie längere Anbaupausen von Rüben und eine Reduzierung von Mais in der Fruchtfolge reduzieren das Infektionspotenzial und wirken entsprechend positiv auf die Rübengesundheit.

Eine Zuckerrübe im frühen Rhizoctonia-Stadium
Rüben mit Später Rübenfäule weisen oft einen reduzierten Zuckergehalt und einen höheren Amino-N Gehalt auf. Außerdem verschlechtert sich die Lagerfähigkeit der Rüben, dies kann zu deutlichen Beeinträchtigungen bei der Rübenverarbeitung im Werk führen. Kontaktieren Sie bitte bei Befall mit Rhizoctonia Ihre Rübenabteilung.
Die Rhizoctonia-Sorten werden einmal in den Sortenversuchen ohne Befall geprüft (SV, SV-N, LNS) und einmal unter Befall (SV-Rh) (Tabelle 3). Ohne Befall schneiden die resistenten Sorten im Rübenertrag und auch im BZE deutlich schlechter als die Standardsorten ab.
Die Beurteilung der Resistenzleistung gegen Rhizoctonia erfolgt über die Feststellung des Anteils abgestorbener Pflanzen unter Befallsbedingungen. Da der Rhizoctonia-Befall von Jahr zu Jahr in den Regionen schwankt, wird der Erreger gezielt in die Versuchsfläche zur Infektion eingebracht. So wird in jedem Jahr unter gleichem Befallsdruck geprüft. In der Realität sind Flächen niemals so stark infiziert wie in der Prüfung mit künstlicher Infektion. Um aus den Sortenversuchen eine praxisnahe Beratungsgrundlage zu erhalten, wurde der Parameter „halbe Verlust“ (= 50 % der Anzahl abgestorbener Rüben) eingeführt. Das heißt für die Praxis: Im Falle eines starken Rhizoctonia-Befalls kann nur eine resistente Zuckerrübensorte hohe Ertragsausfälle und eine stark verminderte Rübenqualität verhindern.

Später welken Rüben nesterweise und die Blätter sterben sternförmig ab. FOTOS (2): Wagner
Empfohlene Sorten aus Praxiserfahrungen
Die bekannten Hilleshög-Sorten mit guter Resistenz wie Nauta und Rhiloda (Zulassung 2021) überzeugen mit 13,3 % und 15,5% abgestorbenen Pflanzen, allerdings liegt der Rübenertrag und BZE etwas unter dem Durchschnitt.
BTS 3645 RHC folgt mit 15,7 % abgestorbenen Pflanzen sowie einem BZE bei halben Verlusten von 109,4 und ist bei sicherem und zu erwartenden starkem Befall sowie Maisvorfruchtflächen zu empfehlen. Die seit 2018 bekannte Sorte BTS 6000 RHC, empfohlen bei leichten Befallsflächen oder Verdachtsflächen, zeigt den besten Rübenertrag mit 104,5 sowie den höchsten BZE mit 112,3 %.
Spannend sind auch die Neuzulassungen aus 2022: BTS 3645 RHC überzeugt mit 15,7% abgestorbenen Pflanzen sowie einem BZE von 109,4 deutlich. Auch Novatessa KWS zeigt bei Rhizoctonia gute Ergebnisse mit einem BZE von 104,6 und 19,2 % abgestorbener Pflanzen sowie einer geringen Anfälligkeit für Cercospora.
Wie in den letzten Jahren wird ebenfalls die EU-Sorte Rainette empfohlen. Sie hat ohne Befall einen mittleren BZE bei guter Blattgesundheit sowie eine mittlere Rhizoctonia-Resistenz.
Rübenkopfälchen
Rübenkopfälchen (Ditylenchus dipsaci) sind kleine, mit dem bloßen Auge nicht erkennbare Fadenwürmer (Nematoden). Oft gibt es einen frühen Befall ab dem 2-Blattstadium beginnend mit nesterweisen Befall, welcher ab Sommer sichtbar ist. Dabei dringen die Nematoden in die Rüben ein und zerstören durch ihre Saugtätigkeiten Pflanzengewebe im Inneren der Rübe. Symptome sind deformierte Blätter (oft an Herzblättern), Stängel und Wurzeln. Ab ca. August bilden sich Risse bzw. schorfartige Schadstellen in den Rübenköpfen. Die tiefreichenden Risse gehen im weiteren Vegetationsverlauf in Fäule (Rübenkopffäule) über. Ein weiteres, typisches Schadsymptom sind weiße Pusteln – oft bei hoher Feuchtigkeit vorzufinden.
Bisher ist bekannt, dass ein starker Befall oft nach einem feuchten und kühlen Frühjahr auftritt. Die Befallsregionen sind bekannt und gut eingrenzbar, deshalb gibt es keine spezielle Sortenprüfung mit „künstlich“ erzeugtem Befall. Bekannte Befallsstandorte der letzten Jahre sind die Regionen Main-Tauber, Heilbronn-Sinsheim und Ludwigsburg. Aus den letzten zwei Jahren Praxiserfahrung wird bei Befall die Sorte Lomosa empfohlen. Speziell für Franken wird aus diesem Versuchsjahr auch mit Josephina KWS eine nematodentolerante Sorten zur Bestellung aufgenommen.