Anbau
Ernte der Zuckerrüben-Parzellenversuche in Franken. FOTO: Ott
Anbau 2023
Aktuelle Sortenergebnisse und Empfehlungen
Mit Kategoriefinder zur Sortenwahl
Ernte der Zuckerrüben-Parzellenversuche in Franken. FOTO: Ott
Anbau 2023
Aktuelle Sortenergebnisse und Empfehlungen
Mit Kategoriefinder zur Sortenwahl
Standorte ohne Nematodenbefall
Von Achim Jesser und Andreas Krumholz, Kuratorium für Versuchswesen und Beratung im Zuckerrübenanbau, Mannheim
Versuchswesen
Unterschiedlicher hätten die Jahre 2021 und 2022 kaum sein können. War es letztes Jahr feucht, war dieser Sommer knochentrocken. Schlafende Rüben, abgestorbene Blätter und faule Rüben aufgrund des Befalls mit Rübenmotte und „Rizopus“ Pilz waren in vielen Regionen häufig anzutreffen. Dies machte sich auch in den Zuckerrübenerträgen bemerkbar, die heuer unter dem langjährigen Schnitt liegen. Aufgrund der Trockenheit kamen klassische Blattkrankheiten, wie z.B. Cercospora beticola weniger stark zum Tragen.
Auch in Zukunft bleiben neben Ertrag und Zuckergehalt weitere Sorteneigenschaften wie Toleranzen und Resistenzen gegen Krankheiten, Schädlinge und andere Stressfaktoren mit entscheidend für den Anbauerfolg. Um die besten Sorten zu finden, gibt es ein deutschlandweit koordiniertes Sortenprüfwesen in dem neben dem Bundessortenamt, dem IfZ auch das Kuratorium für Versuchswesen und Beratung im Zuckerrübenanbau mit den vier regionalen Arbeitsgemeinschaften im Südzuckergebiet beteiligt sind.
Jeder eingeflossene Versuch wurde intensiv beobachtet, behandelt und bonitiert. Nach erfolgreicher Feldarbeit über das Frühjahr und Sommer steht im Herbst die Versuchsernte an. Dabei werden Teile der Rübenparzellen in Säcken geerntet (s. Bild oben), um diese anschließend auf Gewicht, Zuckergehalt und Inhaltsstoffen zu analysieren.
Die besten Sorten für die Individuellen Gegebenheiten auf ihrem Betrieb sind in diesem Artikel dargestellt und beschrieben. Einen Schnelleinstieg für den eigenen Betrieb ist über Abbildung 1 zu finden.
Abb. 1: Wie finde ich schnell die richtige Beratung für meinen Betrieb?

Viele Sortenversuche in den Arbeitsgemeinschaften sind Teil der deutschlandweiten Sortenprüfung. Geprüft werden hier Sorten vor ihrer Zulassung in Deutschland, Neuzulassungen sowie bereits in der Praxis befindliche Sorten. Jede in Deutschland zur Zulassung angemeldete Sorte durchläuft zwei Wertprüfungen (WP 1 und WP 2), sowie den „Leistungsvergleich neuer Sorten“ (LNS) im Jahr der Zulassung. Nach der Prüfung im LNS können Sorten in den allgemeinen Sortenversuch, beziehungsweise in eine Sonderprüfung übernommen werden. Für jede hier vorgestellte Sorte liegen also Ergebnisse für mindestens drei Jahre vor. Die aktuelle Ergebnisse beziehen sich auf die Jahre 2020 bis 2022.
Leistungskriterien bei der Sortenwahl
Alle Ergebnisse der Sortenversuche sind relativ dargestellt. Das Verrechnungsmittel besteht wie in den Vorjahren aus den Sorten Lisanna KWS, Danicia KWS, Marley und Annarosa KWS. So lassen sich Sorten über mehrere Jahre und Versuchsserien sicher vergleichen. Das wichtigste Leistungskriterium einer Sorte ist der bereinigte Zuckerertrag, welcher verschiedene Ertrags- und Qualitätsparameter vereint. Weitere wichtige Kriterien sind Blattgesundheit, Ertragstoleranz und Schosserneigung. Viel Aufmerksamkeit verdient die Blattgesundheit, da leider immer weniger fungizide Wirkstoffe verfügbar sind. Daher wird die Sortenleistung auf Cercospora-Starkbefallsstandorten (CR) in einer eigenen Spalte dargestellt.
Rübenertrag und bereinigter Zuckergehalt
Auf den Spitzenplätzen im Rübenertrag liegen die Sorten Feliciana KWS, Thaddea KWS, BTS 5715 N, Blandina KWS und Clemens. Da sich Ertrag und Zuckergehalt gegenläufig verhalten zeigen diese Sorten schwächere (ca. 94-97 %) bereinigte Zuckergehalte (BZG). Bei diesem Parameter liegen die Sorten Marley, Hannibal, Wilson, Orpheus und Picus vorne. Hohe Zuckergehalte sind besonders bei weiten Lieferentfernungen interessant.
Bereinigter Zuckerertrag
Am Ende ist der bereinigte Zuckerertrag (BZE) das entscheidende Leistungskriterium. Tabelle 1 ist daher nach dem BZE sortiert, er errechnet sich aus Rübenertrag multipliziert mit dem bereinigtem Zuckergehalt. In diesem Jahr führen Calledia KWS, Lunella KWS, Thaddea KWS das Feld an, gefolgt von BTS 7300 N, Feliciana KWS sowie Clemens. Gemeinsam haben diese Sorten, dass sie das gute Ergebnis besonders über überdurchschnittliche Rübenerträge erreichen. Bei starkem Cercosporadruck ändert sich die Rangfolge.
BZE unter starkem Cercosporabefall
Auch wenn im Anbaujahr 2022 der Befallsdruck mit Cercospora in allen Regionen geringer war, bleibt das Thema weiterhin aktuell. Befallsfördernd wirkt sich die Kombination von Niederschlägen und warmen Temperaturen aus. Unter solchen Bedingungen ist die Wahl einer blattgesunden Sorte und termingerechter Fungizid-Behandlungen entscheidend für den Anbauerfolg. Zur besseren Auswahl dieser Sorten, zeigt die rechte Spalte der Tabelle 1 (CR) den BZE unter starkem Cercosporabefall. Es ist zu beachten, dass die Werte teilweise aus verschiedenen Versuchsserien stammen (siehe Fußnote). Am besten schneiden unter diesen Bedingungen die Sorten Calledia KWS, Clemens, Clarion, Thaddea KWS und Sittich ab. Die neue besonders blattgesunde Sorte der Inspirea KWS findet sich ebenfalls in den Top 10, hier lassen sich gegebenfalls je nach Befallsdruck Fungizidbehandlungen einsparen.
Blattgesundheit
Die Züchter legen seit längerem einen stärkeren Fokus auf Sorten mit einer hohen Toleranz gegen Blattkrankheiten, dadurch kommen immer mehr „blattgesunde“ Sorten in den Markt. Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln und den Wegfall von Wirkstoffen sind solche Sorten von hohem Wert. Daneben sind blattgesunde Sorten auch bei der zunehmenden Stobilurinresistenz, sowie bei nachlassender Wirkung der Azol-Fungizide (Shifiting) essenziell.
Die Abbildung 2 zeigt die Anfälligkeit der Sorten gegenüber Cercospora beticola, Echtem Mehltau sowie Rost. Ramularia wird nicht dargestellt, da nur auf zwei Standorten nennenswerter Befall bonitiert wurde. Die Ergebnisse werden auf einer Skala von 1 – 9 dargestellt. Dabei steht 1 für eine sehr geringe und 9 für eine sehr starke Anfälligkeit. Die Ergebnisse sind als absolute Werte dargestellt und wurden nicht, wie z.B. andere Tabellen, in Relation zu einem Verrechnungsmittel (relative Werte) dargestellt. Den geringsten Summenwert und damit die geringste Anfälligkeit für alle Krankheiten erreichen die Sorten Ludovica KWS, Vanilla, BTS 440 und Jellera KWS (7,7; 7,8; 8,1-; 8,3). Der Versuchsschnitt liegt bei 10,1. Bei der reinen Betrachtung von Cercospora schneiden Ludovica KWS, Novatessa KWS, Blandina KWS, sowie Inspirea KWS (2,2; 2,4; 2,5; 2,8; Versuchsmittel 4,4) am besten ab.

Abb. 2: Anfälligkeit der Sorten im SV bzw. LNS 2020 - 2022 gegenüber den Blattkrankheiten Cercospora, Mehltau und Rost, dargestellt als Summenwert der Boniturnoten. Eine Einteilung in nt oder nicht-nt Sorten wurde nicht vorgenommen; Boniturscala je Erreger: 1 = sehr niedrig, 9 = sehr hoch; reg. Arbeitsgemeinschaften, IfZ * Daten 2020 aus dem LNS ** Daten 2020 aus der WP S2 und 2021 aus dem LNS *** Daten aus LNS 2019, SV 2021 und SV 2022 ° Daten aus dem LNS 2020 - 2022
Feldaufgang
Neben den bisher beschriebenen Parametern ist auch der Feldaufgang ein wichtiges Sortenmerkmal. An der Spitze liegt die Sorte Sittich mit 105,7 %. Danach folgen Kleiber (103,9 %), Branta (103,3 %), und Orpheus (102,8 %). Insgesamt zeigen die diesjährigen Werte ein hohes Niveau beim Feldaufgang.

Die regionalen Sortenempfehlungen sowie die mehrjährigen Ergebnisse der Zuckerrübensortenversuche finden Sie auch online auf www.bisz.suedzucker.de unter Sorten. Hilfe bei der Sortenwahl bieten die beiden interaktiven Programme „Sortenspinne“ und„Sorten-Rangfolge“.

Achim Jesser
