Anbau
Beeindruckende Leistung: Blandina KWS-Parzelle zwischen anfälligen Sorten. FOTOS (3): Wagner
CR+ Sorten
Hat sich der Anbau 2022 gelohnt?
Saatgut
Beeindruckende Leistung: Blandina KWS-Parzelle zwischen anfälligen Sorten. FOTOS (3): Wagner
CR+ Sorten
Hat sich der Anbau 2022 gelohnt?
Saatgut
Von Gerald Wagner Nach Jahren mit extremen Cercosporabefall in weiten Teilen des bayerischen Anbaugebietes erschien die Zulassung von sehr cercospora-gesunden Sorten – vom Züchter als CR+ Sorten tituliert – im Jahr 2021 wie ein Segen. Der Testanbau im Jahr 2021 und zahlreiche Versuche belegten die Leistung und die Cercospora-Widerstandskraft dieser Sorten.
Situation zur Sortenbestellung 2022
Die Fungizidversuche der letzten Jahre und die Untersuchungen zu Resistenzen bei Strobilurinen sowie zur abnehmenden Leistung der Azolfungizide stellte eine Herausforderung für das Anbaujahr dar. So waren im Frühjahr nur Produkte mit den Wirkstoffen Difenoconazol (z. B. Score) und Tetraconazol (Domark, Emerald) zugelassen. Aber gerade diese konnten in der bayrischen Region in den letzten Jahren keine befriedigende Wirkung mehr erreichen. So entsprach deren gewonnene BZE-Leistung im besten Fall dem Preis für die Fungizidanwendung. Alles in allem war es eine sehr bescheidene Aussicht für den Anbau von anfälligen Sorten. In dieser Lage stellten natürlich die im Frühjahr 2021 neu zugelassenen CR+ Sorten Inspirea KWS und Blandina KWS eine willkommene Lösung dar. Zu diesem Zeitpunkt konnte niemand voraussagen, ob und wenn ja, wann, für welche Fungizide Notfallzulassungen ausgesprochen würden.
Überraschend viele Notfallzulassungen
Vermutlich hat neben den Resistenz- und Shiftingergebnissen zu den Fungiziden auch die aktuelle Krise um die Versorgungssicherheit mit Energie und Rohstoffen und die dadurch bedingten steigenden Preisen die Zulassungsbehörden zum Handeln veranlasst. Das bescherte einige Fungizide als Notfallzulassungen für das Jahr 2022.
Dazu zählen die aktuell noch gut wirksamen Prothioconazol-haltigen Produkte Propulse und Panorama. Auf Grund der eigentlich erwarteten Mangelsitutation am Fungizidmarkt wurde vom bayerischen Zuckerrübenanbauerverband auch ein Antrag für das BASF Produkt Diadem gestellt. Daneben wurden wieder für unverzichtbare Kontaktfungizide Notfallzulassungen ausgesprochen, z. B. für Funguran Progress, Cuproxat, Coprantol Duo und Yukon. Mit diesen Produkten ließen sich Fungizidresistenzen umgehen.
Blattkrankheiten im Jahr 2022
Nach einigen Jahren mit sehr starkem Cercospora-Auftreten war in 2022 eher eine leichte Entspannung zu beobachten. Beigetragen hat dazu vermutlich anfangs eine kühle Witterung im Juni und sehr trockene Luft im Juli. Überrascht wurden einige jedoch von starken Infektionen, die ab der zweiten Augusthälfte gesetzt wurden. Unabsehbar war auch der überaus warme Oktober, der die Infektionen vorschreiten ließ zu einer Zeit, in der Blattkrankheiten normalerweise stagnieren. Aber es gab auch andere Orte, an denen Cercospora von Anfang an genauso stark war, wie in den Vorjahren oder an denen Rost ganz massiv aufgetreten ist.
Die Schwächen bisheriger CR+ Sorten
Selten gibt es nur Vorteile einer Sorte. Die Frage nach der „besten Sorte“ für den Anbau wird damit auch in Zukunft nicht zu beantworten sein. Bei den CR+ Sorten kamen auch heuer bekannte und unbekannte Schwächen zu Tage. Bekannt ist, dass die momentanen Sorten eher zu Rostbefall neigen und das viel stärker als das gängige Sortiment. Bisher verursachte Rost in den Versuchen keine nennenswerten Zuckerertragseinbußen. Ob dies heuer auch für Trockenstandorte zutrifft, die im Sommer die Blätter stark reduzierten, die Restblätter aber dann im Herbst sehr stark mit Rost befallen waren, bleibt fraglich. Auch Mehltau ist ein Thema bei den anfangs genannten CR+ Sorten. Er muss aber schon früh ab Mitte August und stark auftreten, um Ertragswirksam zu werden. Neuere CR+ Sorten haben diese Auffälligkeiten nicht mehr unbedingt.
Alle neuen Sorten werden im Zulassungsjahr auch unter künstlicher Inokulation gegen Rhizoctonia geprüft. Im Jahr 2021 waren alle Neuzulassungen, einschließlich Inspirea KWS und Blandina KWS, hoch anfällig, weshalb diese zwei Sorten auch nicht für Rhizoctonia-Verdachtsflächen in Frage kommen. Die 2022 zugelassene CR+ Sorte Ludowika KWS scheint hier deutlich standfester zu sein, wenngleich sie natürlich nicht an rhizoctonia-tolerante Sorten herankommt.
Inspirea KWS und Blandina KWS haben beide unter normaler Wasserversorgung einen gut bis üppig ausgebildeten Blattapparat. Bei Wassermangel neigen beide jedoch zu sehr starker Reduktion dieser Blätter, was heuer sehr deutlich zu sehen war. Am Ende hatten sie auf Trockenstandorten einen schwächeren Blattapparat als manche andere Sorte. Auf Beregnungsstandorten wurde auch das schnelle „auf den Boden legen“ der Blätter von Inspirea KWS bemängelt.
Fragen bleiben auch zur Rizomania-Resistenz von Inspirea KWS. Auf einer Versuchsfläche der ARGE reagierte die Sorte extrem auf den massiven Krankheitsdruck. Für den Standort bestehen jedoch noch Fragen, ob hier nicht sogar ein Rizomaniaresistenzbruch der bisherigen Genetik vorliegt.
Schosser sind kein generelles Problem der CR+ Sorten. Die heuer aufgetretenen Kalamitäten bei Inspirea KWS sind auf eine sehr bedauerliche Fremdbefruchtung zurückzuführen, also auf einen Vermehrungsfehler. Die Sorte hatte bisher keine über das normale Maß hinausgehenden Schosserzahlen.
Auch aus dem Jahr 2021, als Inspirea KWS als Ersatz für eine ausverkaufte Sorte geliefert wurde, wurde von keinem höheren Schosserbesatz berichtet. Andere Partien als die fehlerhafte, die 2022 hauptsächlich in Südbayern ausgeliefert wurde, hatten ebenfalls keine erhöhten Schosserzahlen. Dies hilft dem betroffenen Landwirt zwar für 2022 nicht weiter. Es zeigt aber, dass dies prinzipiell keinesfalls mit der neuen CR+ Genetik zusammenhängt.

Aktuelle CR+ Sorten: anstelle Cercospora (r.) tritt Rost auf (r.).
Haben sich also 2022 die CR+ Sorten rentiert?
Einen kurzen Überblick soll die Abbildung für Beispielstandorte aus dem Jahr 2022 liefern. Unter Cercospora-Starkbefall hatten die CR+ Sorten ohne Fungizidbehandlung deutliche Vorteile gegenüber den gängigen, eher anfälligen Sorten, was auch nicht verwunderlich war. Normale Sorten konnten durch die Fungizidmaßnahmen stärker profitieren, sie lagen aber dann leistungsmäßig unter bzw. gleichauf mit den CR+ Sorten. Auch bei den CR+ Sorten waren die Behandlungen bei stärkerem Befall wirtschaftlich. Ein Fungizideffekt von 1,5 t BZE sollte je nach Rübenpreis ein Plus von 270 – 450 Euro/ha bedeuten. Bei Behandlungskosten mit wirksamen Fungiziden inkl. eines Kontaktmittels werden schnell 60 – 90 Euro/ha pro Behandlung fällig.
Aber schon bei nur noch mitterem Befall ist unter rein wirtschaftlicher Betrachtungsweise kein Vorteil durch die Behandlung der CR+ Sorten zu erkennen. Zwar sind sie bei diesem Befall in der Leistung ohne Behandlung noch deutlich vor anfälligen Sorten. CR+ Sorten mit und ohne Fungizidbehandlung unterscheiden sich aber bei etwas schwächerem Befall nicht mehr signifikant, sodass sich bei dieser Befallsstufe die Fungizidbehandlungen nur noch selten rentierten.
Andere Versuche belegen auch, dass der Befall bisher bei den CR+ Sorten etwas später einsetzt und dann deutlich langsamer ansteigt, was selbst unter Starkbefall nur eine bis maximal zwei Behandlungen erlaubte, im Vergleich zu bis zu vier Behandlungen beim üblichen Sortiment. Dadurch konnten bei den Behandlungen 60 – 180 Euro eingespart werden. Dagegen steht ein etwa 60 Euro höherer Saatgutpreis. Bei mittlerem und schwachem Befall war dieser Vorteil nicht mehr gegeben, weil die Behandlung an sich schon unwirtschaftlich war.
Aber auch eine einigermaßen gesunde Sorte, wie z. B. Jellera KWS hätte mit einem wirksamen Fungizid behandelt, gleiche BZE-Ergebnisse erzielt, selbst in einem Jahr mit hohem Cercospora-Auftreten und das bei einem deutlich niedrigerem Saatgutpreis. Zum Sortenbestellzeitpunkt war und ist aber nicht absehbar, ob diese Fungizide im Sommer zur Verfügung stehen. CR+ Sorten sind also auch eine Art Versicherung.
Über allem aber steht: die CR+ Sorten hatten eine überlegene Cercospora-Widerstandskraft bei gleicher Leistung wie normale Sorten. Mindestens eine Fungizidmaßnahme konnten eingespart werden. Unter Starkbefall waren sie rentabel; bei leichterem Befall waren sie eine Absicherung.
Drei Beispielsorten in Süddeutschland mit unterschiedlichem Cercospora-Auftreten

Vorsicht in der Zukunft
Bei genauer Betrachtung einzelner Flächen und Cercospora-Spots fällt auf: Es gibt anscheinend Stämme, die auch diese CR+ Sorten knacken können. Dies ist zwar momentan noch ein kleiner Flächenanteil. Sollte es jedoch zu einer Ausbreitung oder Anpassung der Erreger kommen, könnte der Vorteil von CR+ bald aufgebraucht sein. Deshalb ist bei Cercospora-Auftreten auch bei diesen Sorten eine möglichst frühe und wirksame Behandlung – auch mit Kontaktfungiziden – notwendig, um diese Sorten-Resistenz möglichst lange nutzen zu können.
