Verband
Kampagne in Offstein
Von Extremen und Herausforderungen
Besonderheiten des Rübenjahres 2022 erfordern Flexibilität
Bei der Festlegung des Kampagnebeginns mit Südzucker hat der Verband angesichts der extremen Sommertrockenheit einen späteren Beginn (4. Oktober) verhandelt und einen flexiblen Start der Belieferung aus,Beregnungsregionen (ab 26. September) vereinbart. Die Transportorganisationen haben sich bei dieser herausfordernden Veränderung gegenseitig unterstützt. Wir danken allen Beteiligten sowie der Rübenabteilung ganz besonders für das dafür notwendige besondere Engagement! FOTO: Lang

Bei der Festlegung des Kampagnebeginns mit Südzucker hat der Verband angesichts der extremen Sommertrockenheit einen späteren Beginn (4. Oktober) verhandelt und einen flexiblen Start der Belieferung aus,Beregnungsregionen (ab 26. September) vereinbart. Die Transportorganisationen haben sich bei dieser herausfordernden Veränderung gegenseitig unterstützt. Wir danken allen Beteiligten sowie der Rübenabteilung ganz besonders für das dafür notwendige besondere Engagement! FOTO: Lang
Kampagne in Offstein
Von Extremen und Herausforderungen
Besonderheiten des Rübenjahres 2022 erfordern Flexibilität
Von Dr. Christian Lang cl – Herausforderungen kennt man in der Landwirtschaft nur allzu gut. Jedes Jahr heißt es wieder: Neues Spiel, neues Glück. Jedes Jahr werden die Würfel neu gemischt, und selbst für „alte Hasen“ ist immer wieder etwas Neues dabei: eine ganz besondere Witterung, eine neue Schädlings- bzw. Krankheitskonstellation, neue politische Rahmenbedingungen. Manchmal – immer öfter… – kommt auch alles zusammen. Das Rübenjahr 2022 wird sicherlich als ein Jahr mit vielen Herausforderungen in Erinnerung bleiben. Auf einen „Extremsommer“ mit „Extremhitze“ und „Extremtrockenheit“ folgte vielfach ein „Extrembefall“ mit Schädlingen bzw. Krankheiten, was wiederum teils extreme Auswirkungen auf das Rübenmaterial hatte: Faule, auf dem Acker teils regelrecht „verkochte“ Rüben und enttäuschend niedrige Zuckergehalte sind in diesem Jahr eher die Regel als die Ausnahme. Umso wichtiger und erfreulicher ist der aktuelle extreme Rückenwind seitens des Marktes.
Flexibler Kampagnebeginn
Die Kampagne in Offstein läuft seit dem 26. September – und auch sie ist mit einer Neuerung gestartet: Erstmals haben sich Verband und Südzucker auf einen flexiblen Kampagnebeginn verständigt. So wurde zunächst mit einer verminderten Anfuhr auf freiwilliger Basis bei reduzierter Tagesverarbeitung des Werkes begonnen; flächendeckend startete die Kampagne erst am 4. Oktober. Mit diesem Kompromiss sollte einerseits die Versorgung der Zuckerkunden sichergestellt werden; andererseits wurde damit dem Wunsch der Nicht-Beregnungsregionen Rechnung getragen, ihren Beständen durch eine spätere Ernte die Option auf Zuwächse zu ermöglichen.
Möglich wurde dieser Kompromiss dank der Beregnungsbetriebe im Verbandsgebiet, die durch hohe Aufwendungen eine gute Wasserversorgung ihrer Zuckerrübenbestände sicherstellten konnten. In diesen Betrieben war die Bereitschaft zu einer frühen Rodung sehr groß, zumal die gute Wasserversorgung auch den Schädlingen und Krankheiten eine gute Ausgangsposition verschafft hatte. Die SBR-bedingten Gelbverfärbungen, ausgelöst durch einen z.T. extrem hohen Zikadenbefall, waren bereits sehr früh sehr stark im Rheingraben sichtbar – deutlich stärker als in Regionen, die trockenheitsbedingt nur ein geringes Rübenwachstum zeigten. Ebenfalls war in den besser mit Wasser versorgten Beständen ein höherer Cercospora-Druck gegeben.
Durch eine enorme Anstrengung der Rode- und Transportgruppen in Zusammenarbeit mit der Rübenabteilung Offstein ist eine Umstellung der eigentlich bereits fertig geplanten Abfuhrreihenfolge möglich geworden. Insgesamt eine hervorragende Leistung, die nur durch Unterstützung der Transportgruppen untereinander gelingen konnte.
Faule und vergilbte Rüben
Leider ließen die zum Zeitpunkt der Festlegung des Kampagnebeginns erhofften Niederschläge zunächst weiterhin auf sich warten und damit auch die erhofften Zuwächse für die unberegneten Bestände. Stattdessen waren dort in der Folge verstärkt faule Rüben zu beobachten, die den hohen Luft- und Bodentemperaturen nicht standhalten konnten. Hierbei waren Sortenunterschiede feststellbar, und auch die Bodenbearbeitung sowie der Saattermin hatten wohl Einfluss auf solche pilzlichen Erkrankungen unter hohem Stress. Die Rübenmotte hat dafür oft die Eintrittspforten geschaffen.
Und auch in den Trockengebieten haben sich – wenn auch etwas verzögert – die von Zikaden eingeschleppten Erreger in vielen Beständen durch Vergilbung ganzer Felder gezeigt. Leider waren trotz der Trockenheit hohe Vermehrungsraten der Zikaden zu beobachten, weshalb es auch eine starke zweite Welle der Krankheitsüberträger gab. NIKIZ- und SONAR-Team haben diese Entwicklung im Rahmen eines umfangreichen Monitorings intensiv untersucht, und die zahlreich gesammelten Proben von Tier- und Rübenmaterial werden die Analysekapazitäten noch monatelang beanspruchen.

Auch die Beregnungsbetriebe im Altrhein hatten sich für eine freiwillige vorgezogene Lieferung angemeldet. Ein SWR-Team begleitete am 22.09. die Rodearbeiten. FOTO: Lang
Herausfordernde Kampagne
Hand in Hand mit der geschilderten Problematik auf dem Acker gehen leider teils sehr niedrige Zuckergehalte. Gleichzeitig zeigen sich auch in dieser Kampagne wieder – und nochmals verstärkt – große Ertragsunterschiede. Im Schnitt wird der Ertrag für Offstein voraussichtlich zwischen 65 und 66 t/ha liegen bei einem durchschnittlichen Zuckergehalt um 15,7 % Pol.. Die Kampagne würde unter diesen Bedingungen zwischen Weihnachten und Silvester enden. Sie wird damit etwas länger sein als ursprünglich erwartet.
Ein flächendeckender Mietenschutz wurde dennoch in diesem Jahr ausgesetzt. Besonders das hohe Aufkommen an faulen Rüben, die auch in der zweiten Abfuhrrunde noch vorhanden sind, hat zu dieser Entscheidung geführt. Es galt abzuwägen, ob bei einer Rübenmiete mit viel Erde und einem gewissen Anteil von faulen Rüben der Vorteil der Abdeckung überwiegt oder ob durch das Zudecken das Risiko von weiterer Fäulnis und dem damit verbundenen Qualitätsverlust höher zu bewerten ist. Letztendlich haben Verband und Südzucker sich nach intensiven Gesprächen in gemeinsamer Abstimmung gegen einen flächendeckenden Mietenschutz ab dem 5. Dezember entschieden.
Rübenmieten mit hohem Erdbesatz und ohne faule Rüben können dennoch zwecks besserer Erdabreinigung zugedeckt werden. Dies muss dann händisch (oder ggf. in individueller Absprache mit einem Dienstleister) erfolgen und ist zwingend vorab mit der Rübenabteilung abzustimmen. Damit soll insbesondere auch den regional teils sehr unterschiedlichen Bedingungen Rechnung getragen werden.
Preise und neue Sorten stimmen positiv
Auch wenn die Kampagne zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen ist, steht doch jetzt schon fest: Dieses Rübenjahr fordert alle – Anbauer, Rode- und Transportorganisationen sowie Zuckerfabrik – auf ganzer Front und in besonders hohem Maße. Zum Glück werden derzeit Zuckerpreise gezahlt, die Rübenpreise erwarten lassen, wie sie in den letzten Jahren kaum vorstellbar waren. Zucker ist knapp, und so können hier einige Defizite wieder etwas ausgeglichen werden.
Für das kommende Anbaujahr 2023 gilt es dann, die Sortenwahl genau zu überdenken, denn die Zikaden sind jetzt bis an die Ränder des Verbandsgebietes vorgedrungen. Außerhalb der Sortenwahl stehen leider bis jetzt keine Mittel oder Methoden für eine wirtschaftliche Bekämpfung zur Verfügung, auch wenn Ansätze dafür weiter erprobt und geprüft werden.
Die Förderung der Projektarbeit des Verbandes durch die Landesregierung sowie die EU ermöglicht auch in den nächsten Jahren die notwendige intensivierte Forschung, um diese schwierige Krankheit und ihre Folgen zu überwinden. Im internationalen Sortentest 2022 konnte das Innovationsteam jetzt bereits einen neuen Hoffnungsträger identifizieren: Ein Stamm, der schon im nächsten Jahr eine neue Sorte werden könnte, zeigte trotz schwerstem Befall überragende Leistungen.
