Leitartikel
Präsident Joachim Rukwied und die Vertreter der Landesbauernverbände nach einem lebhaften Austausch mit Südzucker und den Rübenanbauer-Verbänden. Foto: dzz
Treffen mit Bauernverbänden in Ochsenfurt
Austausch über Agrar- und Zuckerpolitik
Einig in der Bewertung der GAP – Leuchtturmprojekte der Südzucker

Präsident Joachim Rukwied und die Vertreter der Landesbauernverbände nach einem lebhaften Austausch mit Südzucker und den Rübenanbauer-Verbänden. Foto: dzz
Treffen mit Bauernverbänden in Ochsenfurt
Austausch über Agrar- und Zuckerpolitik
Einig in der Bewertung der GAP – Leuchtturmprojekte der Südzucker
Von Dr. Stefan Streng Altbewährt und doch immer wieder hochaktuell ist das jährliche Treffen der Präsidenten und Geschäftsführer der süddeutschen Bauernverbände mit dem Führungsteam der Südzucker und den süddeutschen Rübenanbauerverbänden. Nicht zuletzt die Politik verschafft der Begegnung jedes Mal neuen Gesprächsstoff. Über die Beurteilung der fast fertigen GAP-Reform für die Jahre 2023-2027 gab es am 24. November 2022 beim Treffen in der Zuckerfabrik Ochsenfurt keine zwei Meinungen: sie ist alles andere als gelungen.
DBV-Präsident Joachim Rukwied bezeichnete die neu eingeführten Öko-Regelungen („eco-schemes“) als wenig praxistauglich. Sie seien finanziell zu schwach ausgestattet, um die gewünschten Effekte erzielen zu können. Wenigstens sei es gelungen, das Budget stabil zu halten und die aus deutscher Sicht nachteilige Kappung der Direktzahlungen zu verhindern. Spannend bleibe die Frage, wie viele Landwirte 2023 auf die Einreichung des Mehrfachantrages verzichten werden.
Zur Mitwirkung bereit, aber, Instrumente ungeeignet
Besonders viel Unverständnis habe die in der Diskussion befindliche „Richtlinie zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln“ („sustainable use of pesticides regulation“/SUR) hervorgerufen. Die berufsständische Vertretung trage das Ziel einer Pflanzenschutzmittel-Reduktion mit und erkläre sich bereit, zur Stärkung der Biodiversität beizutragen, halte aber den vorgeschlagenen Weg und die dafür vorgesehenen Instrumente für gänzlich ungeeignet. Zusammen mit dem Vorschlag für eine „Verordnung über die Wiederherstellung der Natur“ und die darin enthaltenen Ziele („nature restoration targets“) zum Schutz der Biodiversität und zur Erreichung der Klimaziele der EU, drohe nach einer Analyse des Deutschen Bauernverbandes eine massive Herausnahme von Flächen aus der landwirtschaftlichen Produktion. Rund 5 von 17 Mio. ha landwirtschaftlicher Nutzfläche könnten nach heutigem Stand betroffen sein. Deshalb genüge es nicht, kosmetische Korrekturen an den Kommissionsvorschlägen vorzunehmen. Nur ein kompletter Neuansatz könne hier erfolgversprechend sein.
Aus deutscher Sicht kommt laut Präsident Rukwied noch erschwerend hinzu, dass die nur hier wieder aufgeflammte „Teller & Tank-Diskussion“ sowie das politische Gezerre um eine Erlösabschöpfung negative Auswirkungen auf die Biokraftstoff- und Biogas-Branche und die mit ihnen verbundenen landwirtschaftlichen Betriebe haben könnte.
Produktionsverlagerung ins Ausland?
Einen besonders schwereren Weg haben die Tierhalter vor sich. Der Trend zur Verlagerung der Produktion ins europäische Ausland, wo meist deutlich geringere Anforderungen an das Tierwohl gestellt werden, zum Beispiel in Spanien, sei ungebrochen.
Seitens der Südzucker berichtete Vorstandsvorsitzender Dr. Niels Pörksen über die wirtschaftliche Entwicklung der Gruppe in den letzten Jahren. Nach einer schwierigen Phase des Zuckergeschäfts zeichne sich hier sehr deutlich die Rückkehr in die Gewinnzone ab. Zusammen mit der sehr erfolgreichen Tochtergesellschaft CropEnergies AG treiben die deutlich gestiegenen Erlöse den Konzernumsatz in die Größenordnung von 10 Mrd. € und lassen nach der letzten Prognoseerhöhung vom 2. November 2022 ein operatives Ergebnis zwischen 530 und 630 Mio. € erwarten.
Diversifizierung geht weiter
Südzucker werde sich angesichts dieser Entwicklung aber nicht zurücklehnen, sondern weitere Schritte zur Diversifizierung unternehmen, ohne das Zuckergeschäft als die Wurzel aller Konzernaktivitäten zu vernachlässigen. Ziel sei es, die Wertschöpfungskette in allen Bereichen zu verlängern. Insbesondere zur intelligenteren Verwertung des Bioethanols und der bei dessen Produktion anfallenden Koppelprodukte Getreideprotein und biogenem Kohlendioxid arbeitet das Tochterunternehmen CropEnergies AG aktuell auf neue Wege hin. Damit werde die Abhängigkeit von der Kraftstoffnutzung und damit von politischen Entscheidungen entscheidend verringert. Auch die neu aufgelegten Projekte im Bereich der Proteine unter dem Dach der Konzernstrategie „get the power of plants“ zielen auf ein Segment mit großen Wachstumsmöglichkeiten.
Hans-Peter Gai, seit November 2022 im Südzucker-Vorstand insbesondere für die Ressorts Technik, Forschung und Entwicklung sowie Nachhaltigkeit verantwortlich, knüpfte nahtlos an die vorgestellten Projekte an.
Neu verantwortlich für Technik, Forschung und Entwicklung
Den Ausbau des Protein-Geschäfts mit dem Fokus auf Fleischersatz bezeichnete er als eine der aussichtsreichsten Aktivitäten. Dazu müsse es gelingen, dem sich verändernden Konsumverhalten der Gesellschaft mit qualitativ hochwertigen und besser als bisher schmeckenden Produkten zu begegnen. Als weitere Leuchtturmprojekte führte Gai die Digitalisierung in allen Konzernaktivitäten und die Herstellung von biobasierten Chemiegrundstoffen, erneuerbaren Energieträgern und „grünen Kohlenstoffverbindungen“ an.
Gais Ausführungen wurden lebhaft diskutiert zwischen Klaus Wagner, Präsident des Thüringischen Bauernverbandes, Günther Felßner, neu gewählter Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, Karsten Schmal, Präsident des Hessischen Bauernverbandes, und Tobias Pelz, Vizepräsident des Sächsischen Landesbauernverbandes. Alle Diskussionsredner zeigten sich beeindruckt von den Forschungsaktivitäten der Südzucker-Gruppe, die im Erfolgsfall zu neuen Verwertungsmöglichkeiten für landwirtschaftliche Produkte führen dürften.
Zielgröße 10.000 ha Ackerbohnen
Am weitesten fortgeschritten ist das „Ackerbohnen-Projekt“. Hierüber berichtete Dr. Georg Vierling. Am Standort Offstein werde eine Verarbeitungsanlage für eine bestimmte Bohnenqualität, die niedrige Gehalte der Zuckerverbindung Vicin aufweist, errichtet. Die Zielgröße für den Anbau von Ackerbohnen beläuft sich auf 10.000 ha. Dr. Rainer Schechter, CEO der Division Zucker, informierte über das Zuckergeschäft und den Verlauf der Kampagne 2022/23. Die heuer außerordentlich heterogenen Ernteergebnisse in den einzelnen Regionen werden zu sehr unterschiedlichen Kampagnelängen führen. Dr. Johann Maier stellte die landwirtschaftlichen Forschungsaktivitäten im Konzern vor. Er plädierte eindringlich dafür, alles zu tun, um die neuen Züchtungsmethoden in Deutschland anwendbar zu machen.
Kohlenstoff-Speicherung angemessen honorieren
Den hochaktuellen Bereich des „carbon farming“ behandelte Dr. Gebhard Müller vom Bodengesundheitsdienst, Ochsenfurt. Seinen Ausführungen war zu entnehmen, dass noch ein weiter Weg zu gehen ist, bis hier eine verlässliche Bewertung der Kohlenstoffspeicherung durch einzelne landwirtschaftliche Produktionsverfahren erreicht werden kann. Auch zu diesem Thema entwickelt sie sich eine ausführliche Diskussion. Für den landwirtschaftlichen Berufsstand ist es essenziell, dass seine Leistungen im Hinblick auf die Bindung von Kohlenstoff in Böden und landwirtschaftlichen Erzeugnissen von der Gesellschaft angemessen honoriert werden.

