Anbau
Standorte mit SBR-Befall – Biorübenanbau
SBR
SBR (frz.: Syndrome Basses Richesses, dt.: Syndrom des niedrigen Zuckergehalts) ist auch in 2022 in den bekannten Anbaugebieten der Werke Offenau, Offstein und Ochsenfurt aufgetreten. Die Schilf-Glasflügelzikade überträgt beim Saugen am Zuckerrübenblatt die krankmachenden Erreger (Bakterien und Phytoplasmen). Die von SBR befallenen Schläge färben sich in der Regel ab August meist flächendeckend gelb. Weitere Symptome sind lange, hellgrüne und lanzettartige Herzblätter, Verfärbungen der Gefäßleitbündel sowie unförmige Rübenkörper. Die Folgen von SBR sind ein reduzierter Ertrag und v.a. ein deutlicher Abfall des Zuckergehaltes.
In diesem Anbaujahr waren trotz gleichem oder in manchen Gebieten sogar stärkeren Zikadenflug regional weniger typische SBR-Symptome zu sehen. Wahrscheinlich hat die stark ausgeprägte Trockenheit die typischen SBR-Symptome dieses Jahr überlagert, da die Rüben bei der Hitze in ihrer Entwicklung nahezu „stehengeblieben“ sind.

Anfällige SBR-Sorte (A, Feld links) im Vergleich zur SBR-toleranten Sorte Fitis (A, Feld rechts) auf einem Praxisschlag in Franken. Die von der Schilf-Glasflügelzikade (B) übertragene bakterielle Krankheit verursacht lange, lanzettartige Herzblätter (C) sowie unförmige Rüben mit verbräunten Gefäßbündeln (D). FOTOS (4): Krumholz
Was ist wichtiger? SBR- oder Cercospora-Toleranz?
Die Antwort ist hier eindeutig. Die aktuell einzige praktikable Maßnahme zur Abminderung der Auswirkungen von SBR ist der Anbau einer toleranten SBR-Sorte. Daher muss unter Befall unbedingt die Wahl auf eine SBR-Sorte fallen. Über den Einsatz von Fungiziden können die SBR-Sorten vor Cercospora geschützt werden. Ein Anbau von sogenannten CR+ Sorten mit sehr hoher Cercosporatoleranz/-resistenz ist in SBR-Regionen nicht empfehlenswert, da diese im Ertrag sowie im Zuckergehalt einbrechen. Innerhalb der SBR-toleranten Sorten sollte aber durchaus auf die Blattgesundheit geachtet werden. SBR schwächt die Pflanze bereits deutlich, sodass zusätzliche Belastungen durch Blattkrankheiten möglichst gering gehalten werden sollten.
Koordinierte Sonderprüfung SBR
Aufgrund der hohen Bedeutung und der zunehmenden Ausbreitung von SBR gibt es seit 2021 eine koordinierte Sonderprüfung SBR in Zusammenarbeit zwischen den Züchtern, dem Bundessortenamt, dem IfZ und den deutschlandweiten regionalen Arbeitsgemeinschaften. Neben eigenen Forschungsprojekten stellen und betreuen die ARGEn Südwest und Franken mehrere solcher Standorte. In diesen Versuchen werden Sorten gezielt auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen SBR getestet, um die Beratung für die betroffenen Regionen weiter zu verbessern. Abbildung 3 zeigt die untersuchten Parameter dieser Versuchsserie.

Abb. 3: Sonderprüfung SBR-Toleranz von Bundessortenamt/IfZ in 2021 & 2022 Verrechnungsmittel Danicia KWS, Lunella KWS, Rhinema, BTS 2045
Starke Leistungen bei SBR-Befall
Das Rennen um die besten Plätze in dieser Versuchsserie hat beim BZE eindeutig die Sorte Fitis gewonnen. In beiden Prüfjahren zeigte sie hier den höchsten Wert, zudem erreichte sie vergleichsweise hohe Zuckergehalte. Auch die charakteristische Vergilbung des Blattapparates bei Befall mit SBR fällt bei Fitis schwächer aus, die Blätter bleiben also eher grün. Ebenfalls vorne mit dabei ist die Sorte Kakadu mit ausgeglichenem Ertrag und Zuckergehalt. Die Sorte ist ein Allrounder und eignet sich für Gebiete mit beginnendem bis starkem SBR-Befall. Sie ist blattgesund und hat auch eine Toleranz gegen Rübenkopfälchen. Die Sorte Lunella KWS erzielte gute Erträge, leidet aber im Zuckergehalt durch den SBR-Befall stärker und ist weniger tolerant gegenüber Cercospora. BTS 7300 fiel im Vergleich zu den vorher genannten Sorten etwas ab. Dies gilt ebenfalls für die Sorte Chevrolet (EU-Sorte) die im Vorjahr ein deutlich besseres Ergebnis gezeigt hatte. Eine interessante Alternative ist die Sorte Josephina KWS, die bisher nur einjährig getestet wurde. Sie erzielte 2022 den zweithöchsten BZE, ist allerdings auch weniger blattgesund.
Die Sorten Gimpel und BTS 2045 sind Sorten, die nur in Gebieten ohne Nematoden und bei schwachem SBR-Befall angebaut werden sollten. Gimpel zeigt einen hohen bereinigten Zuckerertrag, mit guter Blattgesundheit und wenig Vergilbungssymptomen. BTS 2045 ist bei sehr guter Blattgesundheit etwas schwächer. Die Sorten Lisanna KWS, Danicia KWS und Rhinema fallen bei SBR-Befall deutlich zurück. Diese Sorten sollten keinesfalls in den betroffenen Regionen stehen.
Leider ist damit zu rechnen, dass sich die SBR-Befallsituation in den nächsten Jahren weiter ausbreitet. Daher ist es sehr erfreulich, dass die Züchter erste Sorten auf den Markt bringen, die unter SBR-Befall etwas robuster sind als die Vergleichssorten. Eine Teillösung der Problematik rückt damit etwas näher.
Interne Sortentestung SBR
In einer nur in Süddeutschland durchgeführten Versuchsserie wurden auch 2022 wieder sowohl in Deutschland als auch in europäischen Nachbarländern zugelassene Sorten (EU-Sorten) verschiedener Züchterhäuser unter SBR-Befall geprüft. Acht Standorte (davon konnten fünf gewertet werden) standen im Gebiet der ARGE Südwest und sind Teil des NIKIZ-Projektes; Ein Standort wurde in Franken von der dortige ARGE betreut. NIKIZ ist ein EIP-Forschungsprojekt des Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauerverbandes e.V. und wird von der EU und dem Land Rheinland-Pfalz gefördert (www.nikiz.de). Ein wichtiger Bestandteil dieses umfangreichen Projektes sind Sortenversuche unter SBR-Befall, deren einjährige Ergebnisse aus 2022 in der Abbildung 4 gezeigt werden.

Abb. 4: SBR-Sortentestung von NIKIZ und der Arbeitsgemeinschaft Südwest. Die Verrechnungssorten, Fitis, Lunella KWS und Chevrolet entsprechen einem BZE von relativ 100
Ein Unterschied zu den vorher dargestellten Ergebnissen aus der Sonderprüfung SBR ist das Verrechnungsmittel, das in dieser Versuchsreihe aus den bei SBR-Befall empfohlenen Sorten Fitis, Lunella und Chevrolet. Dies erklärt u.a. die Unterschiede in der Höhe der Relativzahlen zwischen beiden Serien.
Das stärkste Ergebnis in 2022 erzielte die empfohlene Sorte Kakadu mit einem BZE von 110,8 relativ. Auch die Sorten Josephina KWS (109,0), Citrus (105) und Fitis (104) lieferten trotz starkem SBR-Befall und schwierigen Witterungsbedingungen überzeugende bereinigte Zuckererträge.
Der BZE der Sorten Kakadu und Jospehina KWS wird besonders durch den hohen Rübenertrag erreicht (110,1 und 109,1 relativ). Hingegen erzielen Citrus und Fitis einen höheren BZE durch höhere Zuckergehalte (102,2 und 102,4 relativ). Eine mögliche Erklärung für die stärkere Leistung der ertragsbetonten Sorten könnte dabei die extreme Trockenheit in 2022 sein. Alle getesteten Sorten in dieser Abbildung sind nematoden-tolerant.
Unter dem Dach des NIKIZ-Projektes wurden insgesamt vier in Deutschland angebotene Sorten mit starker Leistung mehrjährig geprüft (2021 und 2022). Dabei erreichte Fitis klar die Spitzenposition, gefolgt von der EU-Sorte Citrus. Die weitere EU-Sorte Chevrolet und Lunella KWS folgten mit einer ähnlichen Leistung auf den weiteren Plätzen.
EU-Sorten ergänzen das Portfolio
Wie in den Vorjahren wurden wieder im europäischen Ausland zugelassene Sorten auf Leistung bei SBR-Befall getestet. Dabei stachen mehrere Sorten positiv hervor.
Die in Frankreich zugelassene Sorte Citrus konnte in der NIKIZ-Versuchsreihe die guten Ergebnisse aus dem Vorjahr bestätigen. In 2022 erzielte sie unter SBR-Befall einen sehr guten relativen Zuckergehalt sowie hohen bereinigten Zuckerertrag.
Außerdem konnte die in der Schweiz zugelassene und unter SBR-Befall empfohlene Sorte Chevrolet mit guten Zuckergehalten und guter Ausbeute überzeugen. Die Sorte ist zudem die einzige EU-Sorte in der bundesweiten Sonderprüfung SBR.
Neu im Sortiment ist 2023 die Sorte Laser. Zugelassen in Fankreich und den Niederlanden, erzielte die Sorte in 2022 unter SBR-Befall Ergebnisse im BZE auf Höhe des Verrechnungssortiments. Zusätzlich ist sie mit einer Toleranz bei viröser Vergilbung registriert. Die Sorte ist einjährig in den internen Sortentests in Süddeutschland geprüft worden. Alle drei empfohlenen SBR EU-Sorten sind nematoden-tolerant und können im gesamten Befallsgebiet angebaut werden.
Biozuckerrüben
Für den Biozuckerrübenanbau stehen für 2022 insgesamt elf Sorten zur Verfügung – sechs Normalsorten und fünf nematoden-tolerante Sorten. Besonderes Augenmerk bei der Sortenwahl sollte auf eine zügige Jugendentwicklung mit starkem Blattapparat (Orpheus, BTS 2045), als auch auf eine gute Blatttgesundheit gegenüber dem Haupterreger Cercospora (Blandina KWS, Jellera KWS) gelegt werden, um Ertragsverlusten vorzubeugen. Interessant für Gebiete mit SBR-Befall oder SBR-Verdacht ist die Sorte Fitis.