Markt, Politik und Ökonomie
Die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt lud zur Expertendiskussion nach Brüssel ein. V.l.n.r.: Katrin Pribyl, Dr. Christian Lang, Ministerin Daniela Schmitt, Prof. Dr. Andreas von Tiedemann, Prof. Dr. Gabi Krczal, Maria Pilar Aguar Fernandez, André Prescher, Eberhard Hartelt. FOTO: Manz
EU-Pläne zur Pflanzenschutzreduktion
Pflanzenschutz bleibt unverzichtbar
Brüssel: Experten diskutieren in der Landesvertretung

Die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt lud zur Expertendiskussion nach Brüssel ein. V.l.n.r.: Katrin Pribyl, Dr. Christian Lang, Ministerin Daniela Schmitt, Prof. Dr. Andreas von Tiedemann, Prof. Dr. Gabi Krczal, Maria Pilar Aguar Fernandez, André Prescher, Eberhard Hartelt. FOTO: Manz
EU-Pläne zur Pflanzenschutzreduktion
Pflanzenschutz bleibt unverzichtbar
Brüssel: Experten diskutieren in der Landesvertretung
Von Dr. Christian Lang, Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer, Worms Die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt hatte am 26. Oktober zu einer Podiumsdiskussion mit Experten in die Landesvertretung nach Brüssel eingeladen. Der Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer war dabei mit seinem Vorsitzenden Walter Manz sowie dem Geschäftsführer Dr. Christian Lang vertreten.
Ministerin Schmitt machte deutlich, dass sie dirigistische Eingriffe ablehnt und stattdessen auf Innovation und Technikoffenheit setzt. Wichtige Elemente seien dabei auch die neuen Züchtungsmethoden und die Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis.
Verbote zerstören Versorgung
In der von der Europäischen Kommission im Juni 2022 vorgeschlagenen Reform der „Pestizidrichtlinie“ soll erstmals ein rechtlich verbindliches Reduktionsziel beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln festgeschrieben werden: Bis 2030 sollen 50 Prozent weniger chemische Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Ferner sollen in Zukunft alle Pflanzenschutzmittel in „empfindlichen Gebieten“ verboten werden. Allein in Rheinland-Pfalz wären von diesem pauschalen Verbot knapp 40 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche betroffen.
Dr. Christian Lang machte in seinem Statement deutlich, dass nach der misslungenen Reform der Zuckermarktordnung durch die geplanten Verbote ca. ein Drittel der deutschen Zucker- und Rübenproduktion gefährdet seien. Damit werde die Abhängigkeit von Importen im Nahrungsmittelbereich deutlich erhöht. Da Europa schon heute zu den weltweit größten Importeuren von Zucker zähle, würden damit auch erhebliche ökologische Nachteile, z.B. durch die weitere Abholzung von Regenwald in Brasilien, in Kauf genommen. Der Zuckerrübenanbau sei auch in Zukunft zwingend auf Pflanzenschutz angewiesen, insbesondere im Bereich der Unkrautbekämpfung.
Zu Beginn der Podiumsdiskussion beleuchtete Prof. Dr. Andreas von Tiedemann von der Georg-August-Universität Göttingen aktuelle Aspekte des Pflanzenschutzes aus Sicht der Wissenschaft. Dabei machte er deutlich, dass es keinerlei wissenschaftliche Begründung dafür gebe, dass Pflanzenschutz zu einer Verminderung der Biodiversität führe. Er plädierte eindringlich dafür, die wahren Ursachen für den Schwund der Biodiversität auf wissenschaftlicher Basis zu erfassen und daraus geeignete Handlungsoptionen abzuleiten. Indem man sich auf Pflanzenschutzverbote konzentriere, bewirke man letztlich eine Verschlechterung der Situation, nicht zuletzt durch Produktionsverlagerungen in andere Regionen und wachsenden Landverbrauch.
Technologie schafft Fortschritt
Prof. Dr. Gabi Krczal von der Gesellschaft für Pflanzenbiotechnologie stellte die Chancen neuer molekulargenetischer Verfahren in der Pflanzenzüchtung und im Pflanzenschutz für die Landwirtschaft vor. So würden die nötigen Zeiträume für die Züchtung resistenter Sorten um bis zu 90 % verringert und neue Eigenschaften gezielt in die Pflanzen eingebaut. Weltweit würden diese Praktiken bereits angewendet – ohne dass diese Anwendung z.B. beim Import von Lebensmitteln festzustellen sei. Große Chancen sieht Krzcal in der Verwendung der RNAi-Technologie im Pflanzenschutz.
Teilnehmer der von der Journalistin Katrin Pribyl moderierten anschließenden Podiumsdiskussion waren Maria Pilar Aguar Fernandez, Direktorin der DG SANTE bei der Europäischen Kommission, Eberhard Hartelt, Vorsitzender des Fachausschusses Umwelt im Deutschen Bauernverband, Dr. Christian Lang, Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer, sowie André Prescher, Bund für Umwelt und Naturschutz.
Schmitt fordert Technologieoffenheit
Ministerin Schmitt erklärte in der Diskussion: „Wir brauchen den Mut zu Innovation und Technologieoffenheit, aber auch bewährtes Wissen und überlieferte Erfahrungen. Wir brauchen das Beste aus allen Denkrichtungen, Schulen und Welten!“ Eberhard Hartelt wies besonders darauf hin, dass die geplanten Einschränkungen unmittelbar auf die Einkommen der bäuerlichen Familien durchschlagen und somit einen nicht rückholbaren Kahlschlag in den betroffenen Regionen verursachen würden. Maria Pilar Aguar Fernandez betonte, dass die Kommission einen ergebnisoffenen Dialog führe und die Ergebnisse mit den Mitgliedsstaaten der EU anschließend diskutiert würden. Sie machte auch deutlich, dass auch der EU-Kommission an der Erhaltung der EU-Produktion gelegen sei, sie jedoch auf gesellschaftlichen Druck reagiere.
Kommission muss Pläne überdenken
Dr. Christian Lang begrüßte die von Prof. Dr. Gabi Krczal vorgestellten neuen Entwicklungen, da man nicht nur auf altbekannte Schaderreger achten, sondern auch die sich permanent neu entwickelnden Krankheiten und Schädlinge im Blick haben müsse. Die Natur sei ein dynamischer Prozess, auf den man nicht mit statischen Vorgaben reagieren könne. Für die Anpassung an diese Veränderungen benötige man vor allem Zeit und Geld. „Die geplanten Maßnahmen der EU im Bereich AKIS (Agricultural Knowledge and Innovation Systems) zeigen den richtigen Weg, wie man das erreichen kann“, erklärte Lang.
Ministerin Schmitt dankte abschließend allen Teilnehmern für den sehr gelungenen Austausch und verband dies mit der Hoffnung, dass die gesetzten Impulse in die Diskussion der Kommission einfließen, damit die Versorgungssicherheit gewährleistet werden könne. „Wir sprechen in vielen Bereichen über die Zeitenwende. Massiv veränderte Rahmenbedingungen müssen auch im Bereich der Landwirtschaft zu einer Neubewertung der geplanten EU-Maßnahmen führen!“
