Zuckerquoten nur bis 2017 verlängert

Politische Entscheidungs unter höchstem Zeitdruck -
Süddeutsche Rübenanbauer stellen sich der Herausforderung

von Dr. Hans-Jörg Gebhard

Der erste Trilog in der Geschichte der europäischen Agrarpolitik endet für die Zuckerrübenanbauer enttäuschend.

 Im neuen Gesetzgebungsverfahren haben sich der Rat der Agrarminister, das Europaparlament und die Kommission am Abend des 26. Juni „auf den letzten Drücker“ über Teilbereiche der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik geeinigt.

Dabei ging es offenbar keineswegs harmonisch und reibungslos zu, einige wichtige Fragen der GAP blieben ungelöst und mussten zurückgestellt werden, doch das Thema Zucker- marktordnung wurde abgeschlossen.
Zuckerquoten gelten demnach letztmals im Zuckerwirtschaftsjahr 2016/17, sie sollen am 30. September 2017 erlöschen. Rübenanbauer und Zuckerfabriken der EU haben also nur noch vier Kampagnen, einschließlich der von 2013, unter der bewährten Mengensteuerung.

Ciolos‘ Radikallösung verhindert

Damit brachte der Rat der Agrarminister seine Position ohne Abstriche gegenüber dem Parlament durch, das eine Verlängerung bis 2020 wollte. Wenn man allerdings bedenkt, dass Agrarkommissar Ciolos vorgeschlagen hatte, die Zuckerquoten 2015 einfach auslaufen zu lassen, zeigt das Ergebnis zumindest in die richtige Richtung.

Die Mehrzahl der Beobachter hatte zunächst vermutet, dass am Ende ein Ergebnis zustande  kommen würde, das zwischen den Positionen des Ministerrats und des Parlaments liegt, also 2018 oder 2019. Gab  es doch auch im Ministerrat starke Stimmen  für  eine  Verlängerung  bis 2020. Bis zuletzt setzten sich Landwirtschaftsministerin Aigner und Staatssekretär Klos dafür ein. Als jedoch  auch  Frankreich  Konzessionsbereitschaft bei der Laufzeit erkennen ließ, gab es kein Halten mehr.

Aigner-Coveney

Ilse Aigner bremst Irlands Agrarminister und Ratspräsident Coveney.
Quelle: EU-Council

Inakzeptable Zugeständnisse für die Raffinerien

Ausschlaggebend für den Umschwung  waren  Gegenforderungen vor allem aus Großbritannien, Portugal, Italien und Irland, die man nur als dreist  bezeichnen  kann.  Nicht nur, dass sie völlig überzogen waren, sie standen auch im diametralen Widerspruch zur Reform der ZMO 2006 bis 2009. Die Engländer verlangten sage und schreibe 1 Million Tonnen zusätzliche zollfreie Rohzuckerimporte für die Raffinerien in der EU, vor allem natürlich für ihre eigene in der Londoner Themse-Mündung. Irland, Italien und Portugal wollten, dass man ihnen Zuckerquoten, die sie in der letzten Reform gegen Entschädigung zurückgegeben hatten, wieder gratis zuteilen solle.

Obwohl von Anfang an klar war, dass sich dafür keine Mehrheit finden würde, blockierte das aber jedes Entgegenkommen in Richtung des Parlaments. Dass Irland den Vorsitz des Ministerrats inne hatte, erschwerte die Sache zusätzlich. Zuletzt sollten die reinen Raffinerien mehrere Monate exklusiven Zugriff auf Importzucker erhalten, bevor andere Zuckerunternehmen diesen beziehen könnten. Um auch das abzuwenden und wohl auch mit Blick auf Zugeständnisse in ganz anderen Bereichen, gaben die Parlamentsvertreter im Trilog schließlich bei der Laufzeit der Quotenregelung nach. Welche Auswirkungen die Abschaffung der Zuckerquoten haben wird, lässt sich heute nicht zuverlässig prognostizieren. Zu viele Faktoren wirken auf den Markt für Süßungsmittel ein und zu unterschiedlich trifft es die Länder, einzelne Regionen und jeden Anbauer. Ganz bestimmt wird es in der EU zu mehr Volatilität bei Angebotsmengen und -preisen kommen. Schon die letzte Reform der Zuckermarktordnung in den Jahren 2006 bis 2009 zeigte andere Folgen, als sich ihre Initiatoren erhofft hatten.

Statt massiver Importe in die Gemeinschaft und sinkender Zuckerpreise führte die Preisexplosion der Jahre 2009 bis 2011 am Weltzuckermarkt dazu, dass die Süßwarenindustrie der EU mehr für ihren wichtigsten Rohstoff zu zahlen hatte. Von Bedeutung für die Zukunft ist, dass die Vorschriften für den Umgang von Rübenanbauern und Zuckerfabriken miteinander in der Gemeinsamen Marktordnung bis 2020 nicht nur fortgeschrieben, sondern verbessert werden sollen. Die Pflicht zum Abschluss von schriftlichen Lieferverträgen und Branchenvereinbarungen auch  nach dem Quotenende stärkt die Position der Landwirte und soll gewährleisten, dass ihnen ein angemessener Teil der Wertschöpfung aus der gesamten Erzeugungskette zufließt. Dies kann aber natürlich nur dann wirklich gelingen, wenn es etwas zu teilen gibt.

rukwied-merkel

Kämpfte mit "allen" Mitteln für die Fortsetzung der ZMO -
Präsident Rukwied, hier mit Bundeskanzlerin Merkel beim Deutschen Bauerntag 2013
Quelle: DBV

Mit dem Ende der Zuckerquoten 2017 kommt jetzt früher, was offenbar nicht mehr aufzuhalten war. Darüber darf man als Landwirt enttäuscht sein und es ist auch legitim, auf die Risiken dieses Beschlusses hinzuweisen. Dennoch besteht kein Grund zu Panik und Verzweiflung, jedenfalls nicht für die Zuckerwirtschaft in Süddeutschland. Drei Pfeiler stützen diese Überzeugung: der Zuckerrübenanbau hier gehört zu den leistungsfähigsten der gesamten EU, die Südzucker AG ist eines der wettbewerbsfähigsten Unternehmen der Gemeinschaft und es besteht eine enge partnerschaftliche Verbindung von Landwirten und Unternehmen auf der Basis einer sicheren Mehrheitsbeteiligung. Die Übergangsphase zu einem Markt ohne Zuckerquoten wird voraussichtlich nicht ganz einfach werden für Rübenanbauer und Zuckerunternehmen. Kreativität und Augenmaß auf beiden Seiten sind gefragt Eigenschaften, mit denen die süddeutsche Zuckerwirtschaft auch nach 2017 ihren erfolgreichen Weg weitergehen wird.