Bundestagswahl 2017

... hat die Qual

Ein Blick auf die agrarpolitischen Konzepte der Parteien

von Dr. Fred Zeller

Am 24. September 2017 findet die Wahl zum Deutschen Bundestag statt. Zum 19. Mal seit 1949 sind knapp 62 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, die Zusammensetzung des Parlaments neu und damit indirekt die Regierung und die Kanzlerin bzw. den Kanzler zu bestimmen. 34 Parteien werden antreten, sechs davon haben berechtigte Aussichten, die 5%-Hürde für den Einzug in den Bundestag zu überspringen.

Landwirtschaft und Agrarpolitik stehen in der politischen Auseinandersetzung zwar nicht unbedingt im Vordergrund, Umwelt- und Ernährungsfragen werden jedoch von fast allen Parteien in ihren Wahl- und Grundsatzprogrammen mit hoher Priorität angesiedelt. Die dabei getroffenen Aussagen lassen Rückschlüsse zu, wohin die einzelnen Parteien tendieren werden, wenn sie Gelegenheit zur Einflussnahme auf die Regierungspolitik erhalten sollten.

Hier Auszüge aus den Programmen der Parteien zur Landwirtschaft:         

CDU/CSU Regierungsprogramm 2017 – 2021

 

Leitbild:
Landwirtschaft hat Zukunft
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Ernährungswirtschaft tragen in Deutschland erheblich zur Wertschöpfung, aber auch zur Lebensqualität, Kultur- und Landschaftspflege bei. …Unser Leitbild ist eine vielfältige, nachhaltige, wettbewerbsfähige, bodengebundene und flächendeckende Landwirtschaft in bäuerlicher Hand. …Wir wollen ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft und fördern deshalb den Dialog. …Vordringliche Aufgabe der Landwirtschaft ist die Versorgung mit Lebensmitteln.

Ackerbau:
Grund und Boden sind die Produktionsgrundlage unserer Landwirte. Wir wollen den Flächenverbrauch eindämmen und werden dazu das Ausgleichsflächensystem reformieren und vereinfachen. …Marktpreise müssen fair sein und den Erzeugern ein auskömmliches Einkommen ermöglichen. Wir fordern eine dauerhafte Risikoausgleichsrücklage, damit die Betriebe in guten Jahren steuerfrei für Jahre mit Einbrüchen zurücklegen können. …Auf EU-Ebene setzen wir uns für eine Verbesserung der Kriseninstrumente ein.

Agrarpolitik:
Wir treten dafür ein, dass Land- und Ernährungswirtschaft in einem eigenständigen Ressort erhalten bleiben.
Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) hat für uns einen sehr hohen Stellenwert. Wir stehen für Kontinuität in der Gemeinsamen Agrarpolitik und für die Beibehaltung des 2-Säulen-Modells.Wir treten auch nach 2020 für die Fortführung der Direktzahlungen ein. …Wir werden agrarstrukturelle Ziele beachten und insbesondere aktive Landwirte, Junglandwirte und kleinere und mittlere Betriebe fördern.

Die konventionelle und die ökologische Landwirtschaft stehen für uns nicht im Gegensatz und werden beide zielgerichtet gefördert.

SPD

Regierungsprogramm 2017 bis 2021

Leitbild:
Verantwortungsvolle Landwirtschaft und gesunde Ernährung
Wir wollen eine Landwirtschaft, die auf Umwelt- und Naturschutz, die Interessen der Verbraucher und dem Wohl der Tiere ausgerichtet ist. Die Landwirtschaft - im Haupt- und Nebenerwerb - soll den Beschäftigten gerechte Arbeitsbedingungen und eine faire Entlohnung sichern.

Wir werden uns dafür einsetzen, dass alle Betriebe ihre Produktion an dem Leitbild der Nachhaltigkeit und den Verbraucherinteressen ausrichten. Die ökologische Landwirtschaft ist derzeit die nachhaltigste Form der Landwirtschaft. Um die Nachfrage nach Lebensmitteln zu bedienen, sind die konventionelle und ökologische Landwirtschaft gleichermaßen notwendig. Die SPD bekennt sich deshalb zu beiden Produktionsformen.

Ackerbau:
Den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Dünger werden wir auf das unbedingt notwendige Maß reduzieren und das Bundesbodenschutzgesetz novellieren. Weiterhin setzen wir uns für eine gentechnikfreie Landwirtschaft ein. Wir werden sicherstellen, dass mit sogenannten neuen Züchtungstechnologien erzeugte Pflanzen und Tiere nicht unreguliert in den Markt gelangen.

Agrarpolitik:
Die Landwirtschaft erhält mehr als jeder andere Wirtschaftsbereich Unterstützung aus Steuermitteln. Wir wollen, dass der Grundsatz „öffentliches Geld nur für öffentliche Leistungen“ gilt. Zu den öffentlichen Leistungen gehört die Ernährungssicherheit genauso wie der Schutz der Natur, der Umwelt, des Klimas und des Tierwohls. Wir werden uns für einen schrittweisen Ausstieg aus den pauschalen Subventionen bis 2026 einsetzen.

Die Linke Wahlprogramm vom 11. Juni 2017

Leitbild:
DIE LINKE wendet sich gegen die weitere Globalisierung der Agrarmärkte. Wir wollen die Exportstrategie in der Agrarpolitik beenden. Wir wollen eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Landwirtschaft mit dem Schwerpunkt auf regionaler Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung stärker fördern. Leitendes Prinzip linker Agrarpolitik ist eine gemeinwohlorientierte Landwirtschaft, die auf Ernährungssouveränität ausgerichtet ist und einen angemessenen Beitrag zu einer nachhaltigen Versorgung mit erneuerbaren Energien leistet. Auch in der Landwirtschaft muss man von der Arbeit gut leben können.

Ackerbau:
Wir wollen Bodeneigentum für regional verankerte Landwirtschaftsbetriebe und ländliche Bevölkerung sichern. Es soll sozial breit gestreut bleiben. Bauernland gehört nicht in Investorenhand… Der Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen soll grundsätzlich an Landwirtinnen und Landwirte sowie gemeinnützige Landgesellschaften erfolgen – und zwar zu Preisen, die dem Ertragswert entsprechen. Die Privatisierung von bundeseigenen Flächen muss gestoppt werden.

Wir wollen den Anbau und den Handel mit sowie den Import von gentechnisch veränderten Pflanzen verbieten… Zur Sicherung der genetischen Vielfalt sollen alte Pflanzensorten und Nutztierrassen erhalten und freie Nachbaurechte gesichert werden.

Agrarpolitik:
DIE LINKE setzt sich für eine grundliegende Reform der EU-Agrarpolitik ein. Ab der kommenden Förderperiode nach 2020 darf es nur noch Geld für konkret nachweisbare öffentliche Leistungen geben. Die Hofabgabeklausel wollen wir abschaffen: Sie ist quasi ein Zwangsverkauf der Höfe für eine Minirente. Wir fördern bäuerliche, genossenschaftliche und ökologische Landwirtschaft statt Agrarkonzerne.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bundestags-wahlprogramm 2017

Leitbild:
Der ökologische Landbau bleibt unser Leitbild.
Unser Ziel ist eine vielfältige Landwirtschaft, die ohne Gift, Gentechnik und Tierleid gesundes Essen für alle erzeugt. Eine Landwirtschaft, in der die Leistungen unserer Landwirt*innen gewürdigt werden und die ihnen ein gutes Auskommen verschafft. Die unsere Versorgung mit gesunden und bezahlbaren Lebensmitteln sichert und auf gute Produkte für den Wochenmarkt statt auf Massenproduktion für den Weltmarkt setzt. Die unserem Klima nützt, statt ihm zu schaden. Die mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie. Eine Landwirtschaft, die die Würde von Tieren achtet, statt sie beispielsweise durch Amputationen an die Industriehaltung anzupassen. Und eine Agrarpolitik, die für faire Entwicklungschancen sorgt, damit Kleinbäuer*innen weltweit nicht mit hochsubventionierten europäischen Agrarfabriken und deren Abfällen konkurrieren müssen.

Ackerbau:
Der flächendeckende massive Einsatz von Pestiziden hat verheerende Folgen für den Artenreichtum und den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit. … Darum beenden wir den Einsatz von besonders schädlichen und gesundheitsgefährdenden Stoffen wie Glyphosat und Neonicotinoiden. Wir legen ein Programme auf, das den Pestizideinsatz eindämmt und eine Pestizidabgabe enthält. … Wir machen Schluss mit industrieller Massentierhaltung und landwirtschaftlichen Monokulturen, wir wollen eine Landwirtschaft, die möglichst ohne Gifte auskommt.

Pflanzen aus den Laboren der Agroindustrie haben auf unseren Äckern in Deutschland und Europa nichts verloren. Dabei ist es egal, ob sie mit Verfahren der „alten“ oder der „neuen“ Gentechnik geschaffen wurden.

Agrarpolitik:
Wir GRÜNE wollen dafür sorgen, dass der Ökolandbau in den nächsten sieben Jahren mit einer Milliarde Euro gefördert wird. Aber auch für die konventionelle Landwirtschaft gilt: Die landwirtschaftliche Produktion muss auf der gesamten Fläche umweltverträglicher werden.

Die notwendigen Gelder mobilisieren wir durch eine Umschichtung der europäischen Agrarmittel.

Wer GRÜN wählt, stimmt für diese drei Projekte:

  • Kein Gift in der Landwirtschaft
  • Ausstieg aus der Massentierhaltung
  • Alternativen zu Tierversuchen fördern

FDP

Programm zur Bundestagswahl 2017

Leitbild:
Landwirtschaft, die sich rechnet
Wir Freie Demokraten wollen, dass die positiven Entwicklungen in der Landwirtschaft genutzt werden, damit die Landwirtschaft ihre Erlöse am Markt zukunftssicher erzielen kann. Wir Freie Demokraten fördern landwirtschaftliche Unternehmerinnen und Unternehmer, die selbstbestimmt und sachkundig ihrer Arbeit nachgehen können.

Ackerbau:
Daher setzen wir uns für ein praktikables und bewegliches Düngerecht ein. Der Grundsatz einer bedarfs- und standortgerechten Nährstoffversorgung der landwirtschaftlichen Kulturen bleibt für uns auch in Zukunft der Maßstab der Düngung. Landwirtinnen und Landwirte müssen in der Lage bleiben, nach Entzug und Bilanz zu düngen.

Die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wollen wir ohne Abstriche vorantreiben. Denn eine ausreichende Verfügbarkeit von verschiedenen Mitteln für den Pflanzenschutz und den Vorratsschutz ist im Sinne einer verlässlichen Versorgung mit Nahrungsmitteln unverzichtbar. Bei öffentlichen Diskussionen über bestimmte Wirkstoffe zählen für uns nicht Stimmungen, sondern nachvollziehbare Fakten und nicht zuletzt die Stellungnahmen des Bundesinstitutes für Risikobewertung. Mit neuen Forschungsrichtungen der Grünen Biotechnologie wie dem „Genome-Editing“ wollen wir offen und transparent umgehen. Wir lehnen pauschalisierende Verbote ab und fordern stattdessen eine faktenbasierte, ergebnisoffene Bewertung neuer Technologien.

Agrarpolitik:
Das Greening als Kopplung der Direktzahlungen an öffentliche Leistungen werden wir mit Blick auf Praktikabilität und Bürokratie kritisch begleiten. Den Betrieben der Land- und Forstwirtschaft wollen wir die Einrichtung einer steuerbefreiten Risikoausgleichsrücklage ermöglichen, damit sie eigenverantwortlich und selbstbestimmt für die branchentypischen Krisen der „Werkbank unter freiem Himmel“ vorsorgen können. Somit werden sie unabhängiger von teuren öffentlichen Liquiditäts- und Rettungsprogrammen.

AfD

Wahlprogramm 2017

Leitbild:
Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft
Die AfD steht zur Förderung von landwirtschaftlichen Familienbetrieben und Genossenschaften. Die Globalisierung bewerten wir im Bereich der Landwirtschaft kritisch. …Wir wenden uns gegen die negativen Auswirkungen eines weltweiten Preisdumpings zulasten von Umwelt, Mensch und Tier. Unsere landwirtschaftlichen Familienbetriebe müssen wieder in die Lage versetzt werden, von ihrem Einkommen den sozialen Standard ihrer Familien zu sichern und Investitionen für den Weiterbestand ihres Hofs zu tätigen.

Ackerbau:
Alte Kultursorten gehören zum kollektiven Eigentum aller Menschen. Die AfD fordert die Aufhebung aller Handelsbeschränkungen für alte Nutzpflanzensorten. Die AfD setzt sich für gentechnikfrei erzeugte Lebensmittel aus der deutschen Landwirtschaft ein.

Agrarpolitik:
Bürokratie und Überregulierung durch EU, Bund und Länder wollen wir abbauen.
Regionale Erzeugungs- und Vermarktungsstrukturen sparen Ressourcen, garantieren lokale Arbeitsplätze und machen das Land attraktiv. Wir fordern auch in diesem Bereich eine Rückführung der Gesetzgebungskompetenzen von der EU auf die Länderebene.